Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 3 | |
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zurückweise, weil ihm ihre Schlüsse nicht passen. Die Tarnowska sei keineswegs die Medea, als die man sie habe hinstellen wollen; das beweisen auch die Aussagen der sechs Schwestern aus dem Gefängnis auf der Giudecca. Der Verteidiger schloß: Er habe die Geschworenen nicht milde stimmen, sondern sie überzeugen wollen, und verschmähe es deshalb, eine Aufforderung zu einem bestimmten Urteil an sie zu richten. – Verteidiger, Rechtsanwalt Dr. Alberto Musati, führte für die Angeklagte Perier aus: In vierzig Bänden der Prozeßdokumente habe man keinen einzigen Schuldbeweis gegen die Perier finden können. Selbst die Staatsanwaltschaft habe den Rückzug antreten müssen, indem sie die Perier erst wegen notwendiger Teilnahme anklagte und dann ihre Verurteilung nur wegen nicht notwendiger Teilnahme beantragte. In Wien habe sich die Perier selbst belastet, um ihre Herrin zu entlasten. Was konnte sie von dem Verbrechen wissen, wo man nach zweiundeinemhalben Jahre noch nicht habe feststellen können, in wem der Gedanke zum Verbrechen zuerst aufgetaucht ist? Es war nicht nötig, daß die Perier als Verbindungsglied zwischen der Tarnowska und Pritukow diente, da diese beiden genug unter vier Augen zusammen waren. Der Verteidiger schloß mit der Bitte an die Geschworenen, die Schuldfragen bezüglich der Perier zu verneinen. Nach längeren Repliken und Dupliken zogen sich die Geschworenen zur Beratung zurück. – Nach vierstündiger Beratung verkündete der Obmann den Wahrspruch der Geschworenen: Danach wurde Naumow für schuldig des Mordes erachtet, ihm aber verminderte Zurechnungsfähigkeit zugebilligt. Die Tarnowska wurde der Teilnahme am Morde mit Vorbedacht für schuldig erachtet, ihr aber auch verminderte Zurechnungsfähigkeit zugebilligt. Prilukow wurde der Teilnahme am Morde mit Vorbedacht für schuldig erachtet. Die Schuldfragen bezüglich der Perier wurden von den Geschworenen verneint. Die Geschworenen bejahten außerdem die Frage, daß die klinische Behandlung
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 3. Hermann Barsdorf, Berlin 1911, Seite 73. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_3_(1911).djvu/81&oldid=- (Version vom 5.1.2023)