Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 3 | |
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im Gefängnis bewohnte, und das unter anderem mit einem Büchertisch und einem Schrank ausgestattet war. Auf dem Nachttischchen hatte die Angeklagte eine Anzahl Photographien stehen; die Bilder zeigten den Grafen Tarnowski mit der Tochter, ferner den Sohn und die Eltern der Angeklagten; daneben stand die Photographie des ermordeten Grafen Komarowski. Die „Zelle“, die einen gewissen eleganten Eindruck machte, erfüllte ein intensiver Duft von Parfümerien. – Darauf beantragte der Verteidiger der Tarnowska, Rechtsanwalt Drena, die nicht erschienenen russischen Zeugen in ihrer Heimat kommissarisch vernehmen zu lassen. Von siebenundzwanzig geladenen russischen Zeugen waren nämlich nur drei erschienen. Unter den ausgebliebenen Zeugen befanden sich acht Ärzte, auf deren Aussagen über den psychischen und den körperlichen Zustand der Angeklagten die Verteidigung das größte Gewicht legte. Der Gerichtshof vernahm sodann den Polizeikommissar Caruß, der Naumow in Verona festgenommen hatte. Als er Naumow in einem Kupee erster Klasse sitzend antraf, war dieser außerordentlich ruhig. Er war eben im Begriff, Blumen für eine Dame zu kaufen, die sich im Zuge befand. Naumow gab sich für einen Belgier aus und behauptete, Henry Duran zu heißen. Als er trotzdem verhaftet und in Gewahrsam abgeführt wurde, bekam er bald darauf einen Weinkrampf. Er küßte ein kleines Goldkreuz, das er am Halse befestigt hatte und das, wie sich herausstellte, ein Geschenk der Tarnowska war. Er rief den Namen seiner Mutter, kurz, er gebärdete sich so, daß er (Zeuge) annahm, die Aufregung könnte ihn töten. Beim Verhör gab Naumow dann zu, auf Komarowski geschossen zu haben. Den Grund weigerte er sich anzugeben. Er[WS 1] erklärte aber sofort ausdrücklich, daß politische Motive dabei nicht im Spiele seien. Als Naumow das Protokoll über die erste Vernehmung zu unterzeichnen hatte, mußte der Zeuge ihm die Hand führen, damit er überhaupt schreiben
Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ Vorlage: er
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 3. Hermann Barsdorf, Berlin 1911, Seite 42. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_3_(1911).djvu/50&oldid=- (Version vom 31.12.2022)