Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 3 | |
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aus der Pariser Anstalt wieder heraus und reiste mit dem Grafen Komarowski nach Rußland zurück, während Prilukow in Frankreich blieb. In Orel stellte Graf Komarowski mir den jungen Naumow vor. Dieser erklärte mir sogleich, daß er von Leidenschaft für mich ergriffen sei. Am ersten Abend unserer Begegnung sagte er mir, daß er Masochist sei. Er bat mich, ihn mit einer Zigarette auf den Arm zu brennen. Er brachte auch mir mit seiner Zigarette eine Brandwunde am Arm bei, wovon die Spur noch zu sehen ist. Ich begab mich dann mit Komarowski nach Petersburg, um von dort aus meine Scheidung vom Grafen Tarnowski zu betreiben. Es ist nicht wahr, daß dort Graf Komarowski im Hotel nachts auf mein Zimmer gekommen ist. In Petersburg empfing ich einen Brief von der Perier, die mir mitteilte, daß Naumow aus Liebessehnsucht nach mir sich dem Trunk ergeben habe. Ich telegraphierte ihm darauf: „Mein Teurer!“ und er antwortete: „Meine Teure!“ Dann sandte ich ihm ein neues Telegramm, indem ich ihm das Trinken untersagte und hinzufügte: „Du bist mein!“ Während die Tarnowska diese Worte sprach, errötete sie leicht und ließ den Kopf sinken. Naumow blickte sie unverwandt an. In Orel, so etwa fuhr die Angeklagte fort, gab mein Gatte ein Diner, an dem Naumow teilnahm. Es machte mir Freude, Naumow zu verhätscheln, denn er gefiel mir immer mehr wegen seines ritterlichen Charakters, der mich an den getöteten Borgewski erinnerte. Komarowski begab sich dann auf seine Güter, und ich ging mit Naumow nach Kiew. Es ist richtig, ich habe ihn schwören lassen, daß er mir immer treu sein werde, nicht aber, daß er immer meinem Willen untertan sein werde. Vors.: „Sie haben also mit Naumow, Prilukow und Komarowski eine Art Triole gebildet?“ Tarnowska: „Ja, Exzellenz.“ Vors.: „Und warum?“ Tarnowska: „Weil ich eine Person suchte, die mir als Stütze dienen konnte.“ Vors.: „Aber sind drei Liebhaber auf einmal nicht ein wenig zu viel?“ (Heiterkeit). Tarnowska:
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 3. Hermann Barsdorf, Berlin 1911, Seite 30. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_3_(1911).djvu/38&oldid=- (Version vom 28.12.2022)