Gericht bringt, hat Maximilian Harden sich um das Deutsche Reich und das deutsche Volk unvergängliche Verdienste erworben. – Angeklagter Harden: Nie werde ich der Spottsucht den Weg in die Beletage des Deutschen Reiches bahnen und die Vernichtung von Leuten, die noch im Glanze sitzen, herbeiführen, wenn sich’s um keine andere Gefahr handelt als um die meiner möglichen Bestrafung. Darum den Boulevards Futter auf die Pharisäerkrippe schütten? Da gibt’s für mich gar kein Schwanken. Ob und wie ich bestraft werde: Das ist mir vollkommen gleichgültig. Ich sage Ihnen ganz ruhig: Je härter ich bestraft werde, in dieser Sache, in diesem Forum, nach diesem Verfahren, nach diesen Aussagen, um so besser; um so lehrreicher für Mitlebende und Nachwachsende. – Ich gehe auf Einzelheiten gar nicht mehr ein. Es wäre ein Verbrechen gegen Sie, aber auch gegen mich, wenn ich zum aberhundertsten Mal die Artikel interpretieren wollte. – Der erste politische Eindruck meines Lebens, so äußerte sich Harden im weiteren Verlauf, entstand durch die außerordentliche Freundlichkeit, ja, ich darf sagen: Freundschaft, die Fürst Bismarck mir gewährte. Ich darf es sagen, denn er hat es ja selbst oft so genannt. Freilich konnte ein so viel jüngerer und so viel kleinerer Mensch nur in begrenztem Sinn als Freund gelten; er hatte ja viel mehr zu empfangen als zu geben. Dieser Mann hat mir immer wieder gesagt: „Ihnen mißfällt der Kaiser als politische Persönlichkeit in vielen wesentlichen Zügen; mir auch. Aber Sie können mir glauben: alle oder mindestens neun Zehntel dieser nicht erfreulichen Seiten wären nicht sichtbar, wenn Philipp Eulenburg nicht seine Sippschaft an ihn herangebracht hätte. Das sind gräßliche Leute; ganz anders als wir; sentimental, geistergläubig, spukscheu (Eulenburg hat an dem Herrn neben anderen Wunderqualitäten ja das zweite Gesicht der Stuarts entdeckt); ohne Sinn für die Nüchternheit des politischen Lebens, ohne den Nerv der Tapferkeit, die eine große Nation braucht; und der größte Teil ist auch noch geschlechtlich
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 3. Hermann Barsdorf, Berlin 1911, Seite 351. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_3_(1911).djvu/359&oldid=- (Version vom 14.4.2024)