so viel Mißempfinden erregt hat, aufgezwungen, aufgedrängt worden. Hätte man dem Wunsch, den Herr Harden als Ehrenmann und als anständiger Schriftsteller hegte, entsprechend seinen Versicherungen, daß er den Privatkläger nicht beleidigen wollte, geglaubt, so wäre zu einer Beweisaufnahme nicht der mindeste Anlaß gewesen. Durch die Nichterfüllung seines Wunsches ist Harden die Beweisführung aufgezwungen worden. Unsere Absicht ist, dasselbe wieder zu tun, was in erster Instanz geschehen ist, nur so weit mit der Beweisführung über die tatsächlichen Dinge zu gehen, wie im Interesse des Angeklagten notwendig ist. Es wird also lediglich von der Stellung der Anklagebehörde und des Gerichts abhängen, wieweit er Beweise zu führen hat. Da wir uns jetzt im öffentlichen Verfahren befinden, so hat ja nicht mehr der Angeklagte allein darüber zu entscheiden, sondern das Gericht. – Vors.: Falls das Gericht dazu kommt, anzunehmen, daß die Äußerungen in den Artikeln dazu angetan sind, auf Grund des § 186 StGB. eine Bestrafung herbeizuführen, dann würden die Äußerungen nur straflos werden, wenn der Beweis der Wahrheit erbracht wird. Somit muß der Angeklagte den Beweis führen. – Justizrat Bernstein: Herr Harden behauptet, daß die Artikel die Wirkung, die ihnen von der Anklage zugeschrieben, erst dadurch erzielt hätten, daß aus ihnen etwas herausgelesen wurde, was der Angeklagte gar nicht geschrieben hat. – Justizrat Kleinholz: Der Angeklagte sagt, er habe nie beleidigen wollen, habe auch nicht das Bewußtsein gehabt, daß diese Artikel beleidigen können, infolgedessen erklärt er: „Ich bin nicht der Beleidigung schuldig.“ Es ist ihm doch unmöglich, den Wahrheitsbeweis für Beleidigungen zu führen, die er nach seiner Auffassung gar nicht ausgesprochen hat. Das würde ihn in die unangenehme Lage bringen, jetzt erst mit Behauptungen vorzutreten, die er in den Artikeln nicht ausgesprochen hat. Deshalb sträuben wir uns gegen die Beweisaufnahme und wollen das vermeiden, was in der vorigen Sitzung aufgerollt
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 3. Hermann Barsdorf, Berlin 1911, Seite 260. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_3_(1911).djvu/268&oldid=- (Version vom 8.3.2024)