Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 2 | |
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Schuhreisenden Löwy unterhielt, von dem die alte Frau keine Kenntnis hatte. Die beiden hätten sich in dem kleinen Zimmer hinter dem von ihm gemieteten Laden wiederholt getroffen. Löwy habe ihm geraten, den Laden auf recht lange zu mieten, damit er sich mit der Stieftochter recht oft und ungestört treffen könne. Hinz und Habermann hätten von diesem Verhältnis Kenntnis gehabt. – Vors.: Das Fräulein Klara Schultze war eine 56 1/2 jährige alte Person, die von Gesichtszucken und Speichelfluß geplagt war und sehr „schlunzig“ ging. Wie wollen Sie uns glauben machen, daß sie unter diesen Umständen einen Liebhaber gefunden haben sollte? – Angekl.: Das Verhältnis hatte ja auch schon vor 17 Jahren begonnen. – Vors.: Und während dieser langen Zeit soll die Mutter gar nichts davon gemerkt haben? Das ist doch kaum glaublich. – Angekl.: Es ist aber so. Der Angeklagte erzählte dann weiter: Der Vorschlag Löwys, mit ihm gemeinsam den Laden in der Königgrätzerstraße zu mieten, habe ihm sehr eingeleuchtet, da er Löwy für einen wohlhabenden Mann gehalten habe. Er habe dementsprechend auch die Firma Gönczi u. Co. an den Laden anbringen lassen. – Vors.: Wo wohnte denn dieser Löwy? – Angekl.: Er hat mir eine Visitenkarte gegeben, darauf stand: „Johann Löwy, Brüssel, Boulevard 2a. – Vors.: Es ist auffällig, daß nicht darauf steht: welcher Boulevard. Ferner ist es auffällig, daß Sie den Löwy, als Sie nachher nach Brüssel kamen, nicht aufgesucht haben. – Angekl.: Ja, ich habe ihn nicht finden können. Der Angeklagte bemerkte ferner auf Befragen des Vorsitzenden: Am 14. August sei er mit Löwy und dessen Schwester, einer angeblichen Rentiersfrau, im Pschorrbräu zusammengetroffen und da habe ihm Löwy folgendes erzählt: Klara Schultze sei am 14. August mit ihrer Mutter von einer Reise aus Hannover zurückgekehrt. Er, Löwy, habe unten in dem Hinterzimmer des Ladens sich aufgehalten und die beiden Damen gebeten, noch ein Glas Bier mit ihm zu trinken. Als Frau Schultze hinuntergekommen sei, habe sie gesagt:
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 2. Hermann Barsdorf, Berlin 1911, Seite 55. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_2_(1911).djvu/63&oldid=- (Version vom 1.8.2018)