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Seite:Friedlaender-Interessante Kriminal-Prozesse-Band 2 (1911).djvu/330

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 2

Im Verlage von Hermann Barsdorf in Berlin W. 30 erschien:

Der Todseher
und andere geheimnisreiche Geschichten
von
Ernst Willkomm.
Mit Illustrationen von Alfred Kubin.
284 Seiten. Vornehm ausgestattet. Eleg. broch. M. 4,--.
Im Originalband M. 5,50.

Inhalt: Der Todseher. – Die Trompter-Marie. – Das Portiunkulafest. – Eine Fronleichnamsfeier. – Die Lichtengänger. – Bauernleben. – Helgolander Lotsen-Erzählungen: Selge Hörn. – Abenteuer des Leuchtturmwächters. – Eine Nacht auf dem Mönch. – Die unterbrochene Predigt.

Dasselbe: Luxusausgabe für Bibliophilen. In Quart. Die Kubinschen Zeichnungen sind auf Japan-Bütten abgezogen. Nur 30 numerierte Exemplare. Broch. M. 20.

Die Bedeutung Ernst Willkomms, des einst viel gelesenen Romanschriftstellers liegt vorzugsweise auf kulturgeschichtlichem Gebiete. Ueberall, wo er in kleineren Erzählungen und Novellen Stoffe verwertet, die er als Jüngling und Mann bei seinen Streifereien durch Böhmen, die Lausitz, am Meere etc. im innigen Kontakte mit dem Volke zumeist erlauschte oder selbst erlebte bleibt er noch heute der Sittenschilderer par excellence. im „Todseher“ schildert er die Gabe des zweiten Gesichts, in die „Trompter-Marie“, im „Portiunkulafest“ und in „Eine Fronleichnamfeier“ das tragische Geschick zweier Liebenden, die ein Gelübde an die Kirche trennt, sowie anschaulich das Leben und Treiben an diesen hohen katholischen Festtagen. In den „Lichtengängern“ unheimliche Geschichten aus der Zeit der zwölf Nächte. In „Bauernleben“, das ausserordentlich an Immermanns „Oberhof“ erinnert, das Leben eines Grossbauern aus alter Zeit und in den „Helgolander Lotsenerzählungen“ braust und stürmt das Meer, so dass man am liebsten selbst mit beim alten Leuchtturmwärter sitzen möchte, um von der erfrischenden salzigen Flut und dem steifen Nordwest für seine abgearbeiteten Nerven zu profitieren. Etwas Geheimnisvolles und Uebernatürliches haftet fast allen diesen entzückenden Geschichten an, die vor allem den unbedingten Charakter sittlicher Reinheit tragen und unbedenklich auch der reiferen Jugend beiderlei Geschlechts als eine Herz und Gemüt erfrischende Lektüre in die Hand gegeben werden können.

Nicht mit Unrecht hat man Willkomms Roman „Rheder und Matrose“ mit Gustav Freytags „Soll und Haben“ verglichen; man kann dies mit Recht auch hinsichtlich der anmutigen Art tun, mit der er seine Liebesleute schildert. Dass ein Künstler wie Alfred Kubin diese Erzählungen zu illustrieren für wert befand, dürfte gleichfalls für ihren Wert sprechen.

Empfohlene Zitierweise:
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 2. Hermann Barsdorf, Berlin 1911, Seite U2. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_2_(1911).djvu/330&oldid=- (Version vom 1.8.2018)