Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 2 | |
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bisher gelogen habe. – Vors.: Wollen Sie jetzt die Wahrheit sagen? – Zeugin: Ja. Ich bin fünf- bis sechsmal mit Sternberg zusammen gewesen. Ich erkenne Sternberg aufs bestimmteste wieder. Ich wurde von der Obstfrau Stabs, Fräulein Saul und Herrn Fritz Wolff beeinflußt. Diese sagten: Ich werde nicht vereidet und kann deshalb aussagen, was ich will. Ich habe von den genannten Personen etwa 170 M. in Teilbeträgen erhalten. Auch heute, als ich zum Untersuchungsrichter geführt wurde, rief mir Frau Stabs zu, ich solle mich nicht verplappern. Frau Krüger rief mir zu, ich solle sagen, daß ich Sternberg nicht kenne. Fräulein Saul sagte: Wenn ich zum Schwur kommen sollte, dann werde man mich zu rechter Zeit ins Ausland schicken. – Der Vorsitzende rief hierauf die im Saale anwesende Frau Stabs und Fritz Wolff vor. Beide bestritten die Angaben der Callis mit großer Entschiedenheit. – Der Vorsitzende ließ darauf die Aussage der Callis protokollieren. Alsdann beantragte der Staatsanwalt die vorläufige Festnahme der Frau Stabs und des Fritz Wolff. Der Gerichtshof beschloß dementsprechend. Beide Personen wurden im Saale verhaftet und von zwei Kriminalbeamten dem Untersuchungsrichter vorgeführt. – Die Callis bekundete noch auf Befragen: Sie habe auch die 13jährige Teichert, die schon damals viel mit Herren verkehrt hatte, mit zu Fischer genommen. Letztere habe der Teichert zugeredet, sie solle sagen, daß sie über 14 Jahre alt sei. Die Mutter der Teichert habe später von Frau Stabs und Fräulein Saul wiederholt talerweise Geld erhalten.
Am 31. Verhandlungstage wurde die Kellnerin Franziska Ecke als Zeugin vernommen: Sie sei im vorigen Jahre bei der Margarete Fischer in der Alexandrinenstraße 1 b als Aufwärterin tätig gewesen. Sternberg habe sie dort nie gesehen, dagegen einen Mann, der ihm ähnlich sehe. Sie wisse nur, daß ein starker Herrenverkehr dort stattgefunden habe. Sie sei allerdings manchmal in ein Zimmer gesperrt worden. Sie habe sich gedacht, daß das sogenannte Massagegeschäft nur
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 2. Hermann Barsdorf, Berlin 1911, Seite 275. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_2_(1911).djvu/283&oldid=- (Version vom 31.7.2018)