Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 2 | |
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gesagt: „Belästigen Sie mich nicht mehr, ich weiß von nichts!“ – Vors.: Herr Stierstädter, haben Sie vielleicht eingegriffen, als Herr v. Tresckow die Woyda vernahm? – Zeuge: Nein, ich bin bei der Vernehmung gar nicht zugegen gewesen und eine Einmischung würde Herr v. Tresckow sich auch nicht haben gefallen lassen. – Kriminalkommissar v. Tresckow, nochmals vorgerufen, erklärte, daß er nicht wisse, ob Stierstädter während der Vernehmung des Mädchens im Zimmer anwesend war. Jedenfalls wisse er bestimmt, daß er das Mädchen dringend zur Wahrheit ermahnt und ihr ernstlich ins Gewissen geredet habe, nicht durch eine Unwahrheit einen Menschen unglücklich zu machen. – Frida Woyda bestätigte dies, setzte aber sofort hinzu: Aber Herr Stierstädter saß gleich am Nebentisch. – v. Tresckow betonte, daß er im allgemeinen ein Protokoll selbständig abzufassen oder zu diktieren pflege, gab aber die Möglichkeit zu, daß Stierstädter in bescheidener Form diesen oder jenen Punkt noch angeregt habe. Dann sei aber jedenfalls das Kind von ihm selbst befragt worden und das Protokoll sei das Resultat seiner eigenen Befragung. Er halte es für absolut ausgeschlossen, daß Herr Stierstädter das Kind unter dem Banne seiner Augen gehalten und sie beeinflußt haben könnte. – Vors.: Frida Woyda, sieh doch mal Herrn Stierstädter an, der hat ja gar nicht so große Augen. – Die Zeugin wendete sich zu Stierstädter um, blieb aber bei ihrer Darstellung. – v. Tresckow: Frida, du weißt doch, daß ich ganz freundlich mit dir verhandelt habe, daß ich dich in keiner Weise grob behandelte und du mir alles erzählt hast, wonach du befragt wurdest. Ist das richtig? – Das Mädchen bejahte dies, erklärte aber wieder, daß Stierstädter dabei war. Letzterer widersprach den Angaben des Mädchens über die Vorgänge bei ihrer polizeilichen Vernehmung.
Die Verteidiger Justizrat Dr. Sello und Rechtsanwalt Dr. Werthauer suchten die Glaubwürdigkeit des Zeugen Stierstädter abzuschwächen. Justizrat Dr. Sello bemerkte: Es
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 2. Hermann Barsdorf, Berlin 1911, Seite 245. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_2_(1911).djvu/253&oldid=- (Version vom 31.7.2018)