Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 2 | |
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wollen, es sei möglich, daß das der Bürgermeister war. Er habe dem Mann zugerufen: „Ich habe soeben einen kalt gemacht, wenn Sie mir nahe kommen, dann mache ich mit Ihnen dasselbe.“ – Vors.: Mit dem „soeben kalt gemacht“ meinten Sie den Hund, den Sie erschossen hatten? – Kneißl: Jawohl. Eine große Anzahl Menschen verfolgte mich. Ich rief den Leuten zu: Was wollt ihr von mir? Haltet eure Hunde an euch, dann werde ich nicht schießen. Ich wurde aber trotzdem bis an den Ausgang der Dorfstraße verfolgt. Der Gürtlerssohn Seitz war dicht hinter mir. Um diesen von mir abzuwehren‚ drehte ich mich um und schoß mit meinem „Drilling“ auf ihn. Ich hatte aber nicht die Absicht, den jungen Mann zu erschießen. Es ist bekannt, daß ich ein sehr guter Schütze bin. Wenn ich Seitz erschießen wollte, dann wäre er nicht in das Knie, sondern in die Brust oder in den Kopf geschossen worden. Kneißl erzählte weiter, daß er am Spätabend des 30. November 1900 nach Irchenbrunn gekommen und er dort von dem „Flecklbauer“ Rieger aufgenommen worden sei. Er bestritt mit großer Entschiedenheit, daß er die Gendarmen habe erschießen wollen, er habe lediglich geschossen, um die Beamten von sich abzuwehren. – Vors.: Als Sie im Jahre 1893 nach Nürnberg transportiert wurden, sollen Sie zu dem Stationskommandanten Schnitzler gesagt haben: „Ich bin der zweite bayrische Hiesel. Wenn ich wieder herauskomme, dann will ich den bayrischen Hiesel in jeder Beziehung übertreffen. Über mich muß ein großes, dickes Buch geschrieben werden, viel dicker als über den bayrischen Hiesel. Wenn ich erst wieder herauskomme, dann erschieße ich mehrere, zuerst meine Schwester“? – Kneißl: Davon ist kein Wort wahr. – Vors.: Sie sollen ferner gesagt haben: Ich bin gut, ich kann aber auch schlimm werden. Ich lasse mich nicht wieder fangen. Ich werde es so weit bringen, daß man mir den Kopf abschlägt, einsperren lasse ich mich aber nicht? – Kneißl: Das ist alles nicht wahr. – Vors.: Sie sollen ferner gesagt haben: Wer mir nahe kommt, den erschieße ich, insbesondere
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 2. Hermann Barsdorf, Berlin 1911, Seite 206. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_2_(1911).djvu/214&oldid=- (Version vom 1.8.2018)