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Seite:Friedlaender-Interessante Kriminal-Prozesse-Band 10 (1914).djvu/103

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 10

schuldig gemacht haben. Der Herr Erste Staatsanwalt hat die Frauen Busch und Ziegran als unglaubwürdig bezeichnet, weil sie 11/2 Jahre geschwiegen haben. Meine Herren Geschworenen! Es gibt eben zwei verschiedene Klassen von Zeugen: die einen, die alles mögliche erzählen, obwohl sie nichts wissen, und die anderen, die schweigen, obwohl sie etwas wissen. Es ist mir sehr erklärlich, daß ungebildete Leute deshalb schweigen, weil sie mit dem Gericht nichts zu tun haben wollen, weil sie dem Grundsatz huldigen: Das Feuer, das sie nicht brennt, nicht zu löschen. Jedenfalls ist es Tatsache, daß die beiden Frauen, trotzdem sie in lebhaftester Weise ins Kreuzverhör genommen wurden, sich nicht ein einziges Mal widersprochen haben. Hätten die Frauen entlasten wollen, dann würden sie gesagt haben: Der Mörder ist nicht nach Ernsthof zu, sondern in der entgegengesetzten Richtung geflüchtet. Leute dieses Bildungsgrades lügen nicht Unwahrheiten in ihre Aussagen hinein, um glaubhafter zu erscheinen, solche Zeuginnen lügen plump und grob. Der Verteidiger suchte in weiterem nachzuweisen, daß ein ortskundiger Mörder nicht den Weg über das Weizenfeld genommen hätte, er hätte einen näheren Weg einschlagen können, ohne auf der Chaussee bemerkt zu werden. Es mußte dem Mörder darum zu tun gewesen sein, daß einmal Fußspuren nicht zu sehen waren und daß er andererseits so schnell als möglich in seine Behausung komme. Es sei auch nicht möglich, daß Rieß in so kurzer Zeit Abendbrot gegessen, sich ausgezogen und schlafen gelegt habe. Es sei ferner auffallend, vorausgesetzt, Rieß habe den Mord auf Anstiftung oder mit Wissen und Willen der Angeklagten getan, daß die Angeklagte, als sie in das Mordzimmer stürzte, ihre Tochter Olga und die Eggert sofort zu dem Inspektor Rieß geschickt hat. Sie mußte befürchten, daß die beiden Mädchen eher in Ernsthof seien als der Mörder.

Ich komme nun zu dem Zeugen Adameit. Ich habe

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 10. Hermann Barsdorf, Berlin 1914, Seite 99. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_10_(1914).djvu/103&oldid=- (Version vom 31.7.2018)