Kaufmann Gustav Brockhaus (Goch): Am vergangenen[WS 1] Sonnabend früh erzählte mir Janßen, Sohn erster Ehe der Frau Rademacher: Frau Remy weiß etwas von dem Morde, sie will sich nicht als Zeugin melden, deshalb habe ich es gethan. – Wittwe Rademacher: Die Remy hat mir eines Tages ihre Wahrnehmungen erzählt.
Präs.: Wann war das? – Zeugin: Das weiß ich nicht mehr, jedenfalls ist es schon lange her. – Präs.: Weshalb haben Sie davon keine Anzeige gemacht? – Zeugin: Ich habe der Wahrnehmung kein Gewicht beigelegt.
Es wird hierauf ein an den Staatsanwalt gelangtes Telegramm verlesen, wonach eine Marie Riesen, die einmal bei dem Juden David Brockmann gedient, gehört habe, wie David Brockmann zu seiner Frau, mit der er sich über den Mord unterhalten, gesagt habe: „Der war es“. Die Riesen habe hinter der Thür gestanden, als Brockmann diese Aeußerung gethan.
Frau Janson, die hierauf als Zeugin erscheint, bekundet: Am Peter-Paulstage sei sie in früher Morgenstunde einem holländischen Juden, Namens Fellemann, begegnet. Auf ihre Frage, wohin er so früh gehe, sagte Fellemann: er gehe nach Holland.
Frau Lenders: Am Abende des Peter-Paulstages, nachdem die Mordthat bereits bekannt war, sagte eine Frau Scholten zu mir: „Das hat ein Jude gethan.“ Ich bemerkte: „Das können Sie doch nicht sagen.“ In der Kirchstraße begegnete mir Frau Buschhoff. Ich fragte diese: Ist das wahr? „Es ist nur zu wahr“, versetzte Frau Buschhoff. „Heute Nachmittag kam Frau Hegmann zu mir und jammerte, daß sie ihr Kind nicht finden könne. Ich suchte Frau Hegmann zu beruhigen und bot ihr eine Tasse Kaffee an. Frau Hegmann hat den Kaffee aber mit den Worten abgelehnt: „Ich trinke keinen Kaffee, ich will erst mein Kind haben. Ach, Frau Buschhoff, ich habe heute Nacht von so vielem Blut geträumt, das bedeutet zweifellos Unglück.“ Frau Buschhoff, so erzählte mir Letztere weiter, habe darauf erwidert: „Man darf nicht immer gleich das Schlimmste denken. Der alte Dr. Ueberhorst pflegte zu sagen: Man solle den Teufel nicht an die Wand malen.“ Ich sagte nach dieser Erzählung zu der Frau Buschhoff: Es ist doch schrecklich, in welch’ schrecklicher Verstümmelung das arme, unglückliche Kind gefunden wurde. Das Kind war so gut, das hat doch keinem Wurm etwas zu Leide gethan. Frau Buschhoff war sehr aufgeregt und weinte. Sehr bald kam auch der
Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ Vorlage: vergannenen
Hugo Friedländer: Der Knabenmord in Xanten vor dem Schwurgericht zu Cleve vom 4. bis 14. Juli 1892. W. Startz, 1892 Cleve, Seite 98. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Der_Knabenmord_in_Xanten_(1892).djvu/98&oldid=- (Version vom 31.7.2018)