es für nothwendig, feststellen zu lassen: ob sich an dem Sack Blutspuren vorfinden. – Auf Antrag des Staatsanwalts beschließt der Gerichtshof: den Chemiker Dr. Bücking (Crefeld) telegraphisch und außerdem 3 Metzgermeister als Sachverständige zu laden.
Es meldet sich alsdann Gutsbesitzer Lensing (Goch), ein Geschworener, der aber in dieser Sache nicht auf der Geschworenenbank sitzt, und bekundet: Heute früh stand ich mit noch mehreren anderen Leuten auf dem Bahnhofs-Perron in Goch. Da trat plötzlich ein junger Mann an mich heran und sagte zu mir: „Weshalb sehen Sie mich so an, weshalb fixiren Sie mich? Was wünschen Sie von mir?“ Ich erwiderte dem jungen Mann: Es ist mir gar nicht eingefallen, Sie zu fixiren, ich habe aber das Recht, jeden Menschen anzusehen. Ich bemerke ausdrücklich, daß ich den jungen Mann nicht fixirt habe. Ich und auch all‘ die anderen Herren sagten: „Der Mann muß verrückt sein“, er hatte auch ein solches Aussehen. Später hörte ich, daß dieser Mann Ullenboom sei. Ich bemerke, daß ich nicht gewußt habe, ob Ullenboom Be- oder Entlastungszeuge ist. – Präsident: Haben Sie mit Ihren Bekannten über diese Verhandlung gesprochen? – Zeuge: Allerdings. – Oberstaatsanwalt Hamm: Haben Sie dabei den Namen Ullenboom genannt? – Zeuge: Jawohl, aber erst später. – Vertheidiger Rechtsanwalt Stapper: Nachdem Sie den Namen Ullenboom genannt, fragte Sie der junge Mann: ob Sie ihn fixiren? – Zeuge: Jawohl, aber ich bemerke ausdrücklich, daß ich gesagt habe: „Buschhoff wird jedenfalls freigesprochen werden, denn man kann ihm nichts nachweisen“. – Oberstaatsanwalt Hamm: Sie sagten nicht „Buschhoff ist unschuldig“, sondern: „man kann ihm nichts nachweisen“. – Zeuge: Jawohl, ich sagte: soweit ich die Sache kenne, wird man dem Buschhoff nichts beweisen können und ihn freisprechen müssen.
Es erscheint alsdann als Zeuge Klempner Ullenboom. – Präs.: Sind Sie mit diesem Herrn auf dem Bahnhof in Goch heute früh zusammengetroffen? – Zeuge: Jawohl. – Präs.: Sie sollen zu dem Herrn gesagt haben: weshalb fixiren Sie mich, weshalb sehen Sie mich so an? Sie sollen außerdem so aufgeregt gewesen sein, daß die Leute sagten: Sie scheinen verrückt zu sein. – Ullenboom: Ich war allerdings heute Morgen etwas aufgeregt, denn ich habe schon seit mehreren Nächten nicht mehr
Hugo Friedländer: Der Knabenmord in Xanten vor dem Schwurgericht zu Cleve vom 4. bis 14. Juli 1892. W. Startz, 1892 Cleve, Seite 82. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Der_Knabenmord_in_Xanten_(1892).djvu/82&oldid=- (Version vom 1.8.2018)