– Zeuge Junkermann: Das weiß ich nicht. – Vertheidiger R.-A. Fleischhauer: Wir werden die Richtigkeit beweisen.
Präs.: Herr Bürgermeister, halten Sie den Mölders für einen glaubwürdigen Mann?
Zeuge: Mölders ist Gärtnereiarbeiter und trinkt wohl bisweilen etwas über den Durst, namentlich an den Sonn- und Feiertagen, ich glaube aber, daß er wissentlich keinen Meineid leisten wird.
Präs.: Können Sie uns etwas über die Familie Ullenboom sagen?
Zeuge: Die Ullenbooms sind anständige Leute und meiner Meinung nach vollständig glaubwürdig.
Präs.: Herr Bürgermeister, Können Sie uns über Wesendrup etwas sagen? – Zeuge: Wesendrup ist ein sehr geschickter Steinmetz, aber ein dem Trunk ergebener, ganz verbummelter Mensch, der in Folge seines lüderlichen Lebenswandels wirthschaftlich sehr heruntergekommen ist. Wesendrup ist auch ein sehr jähzorniger, roher Mann, der seine Frau stets arg mißhandelt hat. Es ging sogar in Xanten das Gerücht, daß seine Frau in Folge der Mißhandlung ihres Mannes im Wochenbett gestorben sei. Ich halte den Wesendrup für sehr wenig glaubwürdig. Wesendrup unterhält mit seiner Haushälterin ein intimes Liebesverhältniß. Er arbeitet vielfach auswärts, schickt aber nichts für seine Kinder, die in Folge dessen der Armenverwaltung zur Last liegen.
Staatsanwalt: Verkehrte Wesendrup mit Mölders?
Zeuge: Jawohl.
Präs: War Wesendrup im Stande, auf Mölders Einfluß auszuüben?
Zeuge: Jawohl, Wesendrup ist dem Mölders geistig überlegen und ist wohl im Stande, denselben zu beeinflussen. – Vertheidiger Rechtsanwalt Fleischhauer: Können Sie uns etwas über das Verhältnis zwischen Wesendrup und Junkermann sagen? – Zeuge: Wesendrup und Junkermann sind Halbschwäger; dieselben waren lange verfeindet; es ist mir aber aufgefallen, daß nach dem Morde die beiden Leute sich wieder befreundeten. – Verth.: Hat Junkermann nicht vielfach öffentlich behauptet, daß Buschhoff der Mörder sei? – Zeuge: Jawohl, Junkermann hat in den Wirthschaften das große Wort geführt, Junkermann ist, wie man so zu sagen pflegt, ein richtiger Schwadroneur und hat stets behauptet, daß Buschhoff der Mörder sei. –
Hugo Friedländer: Der Knabenmord in Xanten vor dem Schwurgericht zu Cleve vom 4. bis 14. Juli 1892. W. Startz, 1892 Cleve, Seite 34. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Der_Knabenmord_in_Xanten_(1892).djvu/34&oldid=- (Version vom 31.7.2018)