verbreiten zu müssen. Er, der in erster Reihe zu den Leuten gehörte, die den Buschhoff für den Mörder hielten, wurde am 1. Juli von dem Herrn Amtsrichter vernommen. Dort sagte er aber kein Wort von seiner wichtigen Wahrnehmung. Ich will dahingestellt sein lassen, ob die Hermine Buschhoff im Stande gewesen wäre, die Leiche eines 5 ½ jährigen Knaben in die Scheune zu tragen, allein ich erwähne weiter, daß Mallmann den Buschhoff auf der Straße mit dem Rufe „Mörder“ behelligt hat, daß Buschhoff sich beim Bürgermeister darüber beschwerte und Mallmann infolgedessen von dem Stadtsekretär verantwortlich vernommen wurde. Allein auch bei dieser Vernehmung erwähnt Mallmann kein Wort von seiner Wahrnehmung. Am 22. Juli endlich meldet er sich bei dem Herrn Amtsrichter Dr. Riesbroek und giebt seine Wahrnehmung zu Protokoll. Als er nun hier über die Ursache dieses seines Verhaltens gefragt wurde, da sagte er, er hätte das in der Aufregung vergessen. Mallmann wußte aber noch mehr, er erzählte, es haben Leute den Siegmund Isaak im Küppers’schen Garten gesehen; dieser habe der Hermine Buschhoff gewinkt und ihr somit ein Zeichen gegeben, daß sie unbemerkt zur Scheune ginge. Sie wissen, wie diese Behauptungen des Mallmann ins Nichts zerfielen. Frau Winthuis bekundet anfänglich, daß sie im Garten einen Jungen gesehen habe, von einem Juden war zunächst überhaupt keine Rede. Später hat Frau Winthuis gesagt: Der Mann, den sie gesehen, sah eher aus wie ein Jude als ein Christ, und sie habe auch nicht gesehen, daß dieser Mann gewinkt habe. Sie werden sich ferner erinnern, daß Mallmann auch verschiedene Dinge behauptet hat, die sich sämmtlich nicht bewahrheitet haben. Ich kann mir nicht denken, daß Sie einen solchen Zeugen für glaubwürdig halten. Die Vertheidigung hat es für nöthig gehalten, durch Ladung eines Sachverständigen zu beweisen, daß es einen Ritualmord nicht gebe. Ich hielt dies Sachverständigen-Gutachten für überflüssig. Ich will zugeben, daß es vielleicht Juden giebt, die der Meinung sind, daß Christenblut zu Heilzwecken oder auch zu rituellen Zwecken nothwendig sei. Dies könnte ja möglich sein, ohne daß es im Talmud steht, allein das kümmert uns nichts, hier liegt jedenfalls kein Ritualmord vor. Es ist dies festgestellt durch die medizinischen Sachverständigen, die bekundet haben, daß der Mord am Fundort geschehen ist, daß soviel Blut bei der Leiche vorgefunden
Hugo Friedländer: Der Knabenmord in Xanten vor dem Schwurgericht zu Cleve vom 4. bis 14. Juli 1892. W. Startz, 1892 Cleve, Seite 127. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Der_Knabenmord_in_Xanten_(1892).djvu/127&oldid=- (Version vom 31.7.2018)