und elbflorenzische Butterbemmen im Strickbeutel führen,
der Ersparnisse wegen. Daß die Milben, welche auf dem
Käse leben, die beste Anlage zu Hofleuten haben, ist unzweifelhaft;
denn sie säen nicht, sie ernten nicht, sie arbeiten
nicht, sie taugen nichts und unser himmlischer Vater
kleidet sie doch. – Käsehändler ist, grammatikalisch betrachtet,
ein Mann, der mit Käse handelt. Von Seiten der
Kunst darf man ihn den intimsten Freund der Schriftsteller
nennen; diese schreiben Werke und jener benutzt sie.
Liebe. Dieser zarte Gegenstand ist verschieden definirt
worden. Aristoteles nennt sie die Seele
zweier Körper, Plato einen Wolfshunger,
welcher Lämmer verschlingt, Maupertuis
erblickt in ihr ein Epigramm,
welches die Stärke des Geistes auf die
Schwäche des Herzens ersonnen, – Sokrates
einen durch Schönheit geweckten
Trieb, bestimmt, das Aussterben des menschlichen Geschlechts
zu verhüten. Nach Nikolas Venette ist sie ein aus dem
Himmel in den Koth gefallener Morgenstern, und nach
Montaigne gar eine Leidenschaft, welche den Menschen zum
Thiere macht. Sylvain Maréchal nennt sie einen Januskopf
aus Aether und Schlamm, und Etienne de Neufville
eine Statue von Diamant mit Füßen von Thon. Am
schönsten, würdigsten und deutlichsten ist sie von der Hegel’schen
Schule bezeichnet worden, welche sagt: „Liebe ist
die Realität der Idealität des unendlichen Seins, verbunden
mit der Cupidität und Carnität zwischen Ich und Du;
denn Ich und Du macht oder giebt Er.“
Maus, mus, ist das einzige Wesen, welches von der
Kirche lebt und nicht dick und fett dabei
wird; denn nichts ist ärmer, als
eine Kirchenmaus. Bei Bäckern und
Müllern befinden sich die Mäuse am
besten; aber am sichersten sind sie in
den Klosterbibliotheken. Die Berge kreisen
und gebären eine Maus, ist ein
Sprichwort, bei dessen Erinnerung die meisten Mitglieder der
deutschen Nationalversammlung in Franksurt schamroth werden.
Eine Abart von der Maus ist die Fledermaus, ein Mittelding
zwischen Diplomat und Polizeidiener, liebt alte Gebäude,
dunkle Thorwege und Kirchböden, haßt das Licht und
die Aufklärung und geht nur Abends auf Raub aus.
Mensch. Was ist ein Mensch schlechthin? Hat der
Eine Recht, welcher ihn ein vernünftiges
Thier, das schauen, sprechen, lachen
und sich um sein Bewußtsein trinken
kann, oder der Andere, welcher
ihn eine schlecht gerathene Daguerreotype
der Gottheit nennt? Irrt der Theolog,
welcher ihn für eine vom himmlischen Vater edirte
Ausgabe der Erbsünde hält, oder der Philosoph, welcher
es unter die Vorzüge des Menschen vor den Thieren rechnet,
daß er sich selbst tödten kann? Muß man jenem Engländer
beipflichten, welcher den Menschen ein Geschöpf nennt,
das mit dem Dampfe fährt, mit dem Blitze spricht und
mit der Sonne malt, oder soll man über Oettinger lachen,
welcher in seinem confiscirten Eulenspiegel die ganze Menschheit
in die zwei großen Classen der Manichäer und Nicht-Manichäer
eintheilt? Was ist der Mensch? Im Postwagen
ein Platz, im Gasthof eine Nummer, bei Tische ein Couvert,
im Theater ein Billet, in der Kirche ein Stuhl, beim
Schneider ein Maß, beim Lotteriecollecteur ein Loos, im
Leihhause ein Pfandzettel, im Hospital ein Bett und auf
dem Kirchhofe ein Grab.
Mond, das unglücklichste unter allen Gestirnen; denn
die Hunde bellen und die Dichter singen
ihn an. Das Erste wäre noch
eher zu ertragen. Die nützliche Erfindung
der Seife scheint er nicht zu kennen;
denn er reinigt sich nie von seinen
Flecken. Bei musikalischen Arbeiten
beschränkt er sich auf das erste und
letzte Viertel und das Schwanken hat er mit den Barometern,
Betrunkenen und reaktionären Ministerien gemein.
Alter: unbestimmt. Größe: 470 Meilen im Durchmesser.
Beruf: alte Burgen und die Thränen der Liebenden zu bescheinen,
auch schlafende Menschen zu Abendpromenaden auf
die Dächer zu locken. Fundort: am Himmel, in Bürger’s
Lenore und in der ganzen morgen- und abendländischen Literatur.
Besondere Kennzeichen: trägt, ohne daß er es weiß,
Hörner, wie gewisse Ehemänner, und nimmt ab und zu,
wie die Hoffnung der deutschen Patrioten.
Mucker, nach Kalisch bei Königsberg, Elberfeld und
den benachbarten Orangen- und Olivenwäldern
zu Hause. Nährt sich von
Gottesfurcht und süßen Redensarten,
säuft Tinte und Wupperwasser und
frißt die Religion mit Löffeln. Seltene
Neigung zur Sanftmuth und zum
weiblichen Geschlecht; zeigt mehr Vorliebe
für junge Frauen als alte Männer und ist sehr tolerant
gegen jede Intoleranz. Da er sich viel mit dem Teufel
zu schaffen macht, ist es kein Wunder, daß er zuweilen
des Teufels wird. Wenn er bei verschlossenen Thüren den
sogenannten Muckertanz aufführt, wird seine Aufführung
mit dem Schleier der Nacht und dem Mantel der christlichen
Liebe bedeckt.
Eduard Kauffer (Red.): Der Nürnberger Trichter. Friedrich Campe, Nürnberg 1848, Seite 50. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Fr%C3%A4nkische_Bl%C3%A4tter_nebst_dem_Beiblatt_Der_N%C3%BCrnberger_Trichter.djvu/150&oldid=- (Version vom 31.7.2018)