7. | II. Band. |
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Ihr Berge, stolze Berge, du schwarze Wäldernacht,
Ihr golderfüllten Ströme, ihr Au’n in grüner Pracht,
Ihr sanft gewölbten Hügel im blumigen Gewand,
Euch nenn’ ich, freudig rufend, mein schönes Vaterland.
Du Erde, heil’ge Stätte, du Grab so vieler Kraft,
Ihr Trümmer alter Baue, in Schutt dahingerafft;
Ihr Reste hohen Geistes, der jedes Herz entbrannt,
Euch nenn’ ich hochbegeistert mein großes Vaterland.
Den Stein am Boden küß ich, drauf einst mein Ahn’ gewallt,
Und in Ruinen wein’ ich, d’rin öd mein Wort verhallt;
Und d’rin in nächt’ger Stunde bei rauher Winde Weh’n,
Gekrönte bleiche Schatten durch morsche Hallen geh’n.
O klänge meine Harfe wie mächt’ger Donner Schall,
O brauste meine Stimme wie Sturm im Wiederhall;
Daß weitum rings erklänge der Ruhm der alten Zeit,
Des alten Sinnes Würde, der Thaten Herrlichkeit.
So begrüßt der begeisterte, von Vaterlandsliebe durchdrungene Dichter Karl Egon Ebert im Eingange seines romantischen Gedichtes Wlasta, Böhmen, sein Heimathsland, ein Land, das so reich ist an Sagen aus der alten Zeit, wie wenige andere Länder, ein Land, dessen Geschichte einem romantischen Gedichte gleicht, voll der zartesten wie der gewaltigsten Gestalten und der abenteuerlichsten Ereignisse und Erscheinungen. Die Sagen von Krok, von Libussa und Przemisl, von Wlasta und ihren Mägden sind aller Welt bekannt, und ihre Eigenthümlichkeit hat von jeher begabte Geister angelockt, in Dichtungen der verschiedensten Form dieselben wieder zu singen.
Dieß Gewebe von Sagen spinnt sich jedoch selbst in die Zeit, wo die Nachfolger Przemisl’s in Böhmen herrschten, noch fort, allein in einem von dem vorigen ganz verschiedenen Charakter, welchen man beinahe idyllisch nennen könnte. Hier begegnen wir Leuten, die Dörfer bauen, die Getreide säen, und Bäume pflanzen; reichen Männern, welche Städte gründen; anderen, welche Eisen graben und es bearbeiten lernen, oder aus dem Sande der Flüsse Goldkörner waschen. Wir sehen hier Hochzeiten, seltsame Leichenopfer und Prophetinnen, redende Thiere und allerlei Wunder.
Allein gegen die Mitte des neunten Jahrhunderts werden diese
Kaspar Braun, Friedrich Schneider (Red.): Fliegende Blätter (Band 2). Braun & Schneider, München 1846, Seite 49. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Fliegende_Bl%C3%A4tter_2.djvu/53&oldid=- (Version vom 20.8.2021)