Großer Saal. Fürsten, Grafen und Herren auf beiden Seiten, welche ununterbrochen liebeflammende Blicke auf Blandinen schleudern, unter ihnen der spanische Prinz, genannt Molch, er spielt zähneknirschend mit der Spitze seines Dolches und weiß zur Zeit noch nicht, wen er damit erstechen soll. In der Mitte auf dem Throne der König von Burgund, neben ihm Blandine, zu Füßen derselben in reicher Livree Lenardo. Blandine sieht hin, Lenardo sieht her, woraus eine sehr angenehme Unterhaltung entsteht, die nur von dem Zähneknirschen des Molchs und dem Herzpochen der Freier Blandinens unterbrochen wird. Lakaien serviren allenthalben auf silbernen Tellern Gefrornes, um die innerliche Hitze abzukühlen.
Große Pause. Endlich fällt der Vorhang aus langer Weile langsam herab, und hinterläßt in den Herzen der Zuschauer ein bänglich süßes Sehnen, verbunden mit dunklen Ahnungen einer traurigen Zukunft[1] und vermischt mit der leisen Regung einer gänzlichen Ungewißheit, was das Vorspiel habe bedeuten sollen.
Schloßgarten. In der Mitte ein Apfelbaum, von dem Lenardo Früchte bricht. Rechts eine Wiese, links ein verstecktes Nachtigallennest. Im Hintergrunde Nesseln, Disteln und Dornen, die ein wichtiges Geheimniß verbergen. Blandine theilt aus einem silbernen Korbe Aepfel aus, welche von ihren Freiern mit Heißhunger verschlungen werden. Lenardo erhält den letzten mit Aktionen, welche den folgenden Versen entsprechen:
Nimm hin den Apfel hier, mein treuer Hoflakai,
Iß ihn gesund und froh und denk’ an mich dabei.
Schön ist die Frucht und reif, gar reizend anzuseh’n,
Doch was darinnen steckt, ist wohl dreimal so schön!
Wie komm’ ich zu der Gnad’, o schönste Prinzessin!
Frag’ nicht erst lange nach! Sieh nur, was steckt darin!
- ↑ In der Vorlage: Zunkunft.
Kaspar Braun, Friedrich Schneider (Red.): Fliegende Blätter (Band 2). Braun & Schneider, München 1846, Seite 18. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Fliegende_Bl%C3%A4tter_2.djvu/22&oldid=- (Version vom 14.2.2021)