Wenn die Nacht mit schwarzem Schleier
Auf die müde Erde sinkt,
Und die Mitternacht erklingt,
Eilen zu der Liebe Bunde
In des Schlosses stillem Garten,
Tief im Mantel eingehüllt,
Schleicht Fernando, gräßlich wild,
Murmelnd aus dem düstern Munde:
Unter blühenden Cypressen
Sitzt das holde Liebespaar,
Ahnt nicht Tod und nicht Gefahr,
Liebend tönt’s von ihrem Munde:
Fackeln scheinen, Schwerter klirren.
Und Fernando eilt herbei,
Tod euch! tönt sein Mordgeschrei,
Tod euch, noch in dieser Stunde!
Von sechs Kugeln schwer getroffen,
Sinken beide in die Knie,
Lebe wohl, vergiß mein nie!
Rufen noch mit bleichem Munde
Und Fernando siehts mit Kummer,
Fühlt nun Reue, tiefen Schmerz,
Sticht den Dolch sich in das Herz,
Einet mich zu Eurem Bunde:
Und die Ritter und die Knappen
Ahmen ihren Herren nach,
Traurig jeder sich erstach,
Jammernd in der Todesstunde:
Hörst du, wie im Hain es seufzet!
Bleiche Geister wallen dort
Zu der Rache Schreckensort,
Klagend tönt es in die Runde:
Kaspar Braun, Friedrich Schneider (Red.): Fliegende Blätter (Band 1). Braun & Schneider, München 1845, Seite 38. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Fliegende_Bl%C3%A4tter_1.djvu/42&oldid=- (Version vom 31.7.2018)