„Nun endlich hätt’ ich Brod und Amt,
Und fühl’ auch, wie mein Herz entflammt
Für’s edle Frauenzimmer.
Auf’s Freien will ich also geh’n,
Die Blonden wie die Braunen!“
Da nimmt er seinen Hut und Stock,
Und kommt im feinsten Moderock
Und ganz moderner Weste.
Sieht Mädchen hier und Mädchen dort
Wie Blumen blüh’n im Garten.
Doch ach, wie ist so schwer die Wahl!
Die hat ein kleines Feuermal,
Die Reiche ist ein Jahr zu alt,
Und arm die Schlanke von Gestalt,
Und blöd die reiche Schöne.
Und wie er mustert auch die Zahl,
Nicht Eine von den Allen.
Muß er nun bleiben ganz allein?
Wer wird jetzt sein Gefährte seyn?
Ein junger, treuer Pudel.
Er zieht ihn recht mit Sorgen groß
Und streichelt ihm die Zotten.
Er theilet mit ihm Tisch und Bett,
Und geht, weil er so dick und fett,
„Doch ach, wie flieh’n die Jahre schnell,
Ich werd’ ein alter Junggesell,
Und Niemand wird mich pflegen.“
Da nimmt er wieder Hut und Stock;
Wie schlottert ihm die Weste.
Sein Blick ist trüb, die Stirne kahl,
Die Lippe welk, die Wange fahl,
Und seine Lende mager.
Doch Mädchen hier und Mädchen dort,
Sie stieben auseinander.
Bald ist vor Wuth er blaß, bald Roth,
Drei Tage noch, da ist er todt,
Auf seinem Hügel sitzt der Hund
Und winselt recht aus Herzensgrund,
Es ist schier zum Verzweifeln.
Und wer das Liedlein hat erdacht?
Und den es nicht gereuet.
Kaspar Braun, Friedrich Schneider (Red.): Fliegende Blätter (Band 1). Braun & Schneider, München 1845, Seite 102. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Fliegende_Bl%C3%A4tter_1.djvu/106&oldid=- (Version vom 29.1.2017)