bilden sich meistens ein, für ihre Fächer die ersten der Jetztzeit zu besitzen, wenn auch vielleicht der Ruhm von manchen über den nächsten Kilometerstein nicht gedrungen ist), ein überaus reicher (dies pflegt immer mit Schmunzeln hervorgehoben zu werden), geselliger Mann, der eine bildschöne Frau habe und ein grosses Haus machen werde u. s. w. Ist der betreffende dann eingetroffen und ist die Leidenschaft der Begeisterung nach ein bis zwei Monaten verraucht, dann fällt man in das entgegengesetzte Extrem. Derselbe scheine ein ganz unbedeutender Lehrer zu sein, mache sich bei den Studenten unbeliebt, habe lange nicht so viel Vermögen, sei unausstehlich, ausserdem offenbar geizig, seine Frau eine wahre Megäre, lasse die Mägde hungern u. s. w. So spricht die akademische Welt. Nur selten hört man ein Wort richtiger und maassvoller Beurtheilung. Dies ist wieder eine Folge des auf die Spitze getriebenen gesellschaftlichen Lebens, das sich in der Hauptsache um den persönlichen Klatsch dreht, und des die kleinen Städte charakterisirenden absoluten Mangels an jedem anständigen Unterhaltungsstoff und jeder geistigen Anregung.
Man wird jetzt vielleicht behaupten, das derselbe Klatsch auch in allen übrigen Ständen an der Tagesordnung zu sein pflege. Wir wagen dies zu bestreiten. Drei Momente sind auf die Erzeugung des Klatsches und auf das Glauben des Klatsches in Professorenkreisen von besonderem Einfluss, die sonst überall
Hans Flach: Der deutsche Professor der Gegenwart. Leipzig 1886, Seite 224. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Flach_Der_deutsche_Professor.djvu/232&oldid=- (Version vom 18.8.2016)