Flegel aus Professorenkreisen, als der Verfasser sich ihre Ungunst zugezogen hatte, seine Frau auf der Strasse nicht grüssten, dieselben Flegel, die oftmals früher in seinem Hause zu Gast gewesen waren? Soll ich dies noch zur Charakteristik einer kleinstädtischen, bornirten, auszurottenden Professorenliga hinzufügen? Gewiss nicht. Man wird mir glauben, dass es auf der Welt nichts dürftigeres, abgeschmackteres und einfältigeres gäbe, als die massgebende Professorenclique eines deutschen Universitätsdorfs. „Er ist nicht beliebt“, sagt die Clique, und alle Feiglinge gehen um das Opfer herum und wagen kaum den Hut zu lüften, denn sonst könnten sie vielleicht im nächsten Winter – bei einem der Nabobs einmal weniger eingeladen werden, und dann würde die Frau oder die liebliche Tochter jammern. „Er ist nicht beliebt“, sagt die Clique, und die jungen Streber beben fast vor Angst, wenn sie auf der Strasse von dem „Unbeliebten“ angeredet werden, weil sie fürchten, es könnte ein Nabob vorbeikommen und es sehen. „Er ist nicht beliebt“, sagt die Clique, und der hochweise Senat wagt sich nicht ins Mittel zu legen, denn „er ist nicht beliebt“. „Er ist nicht beliebt“, sagen im Chor Büglerin, Näherin, Wäscherin und tauschen ihre Gefühle bei einem Glas Apfelmost mit der lauschenden Gebieterin aus, indem sie eine rothe Wurst dazu verzehren.
Fürwahr, das sind die Stätten der akademischen Freiheit, die Pflanzstätten für die heranwachsende
Hans Flach: Der deutsche Professor der Gegenwart. Leipzig 1886, Seite 212. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Flach_Der_deutsche_Professor.djvu/220&oldid=- (Version vom 18.8.2016)