25 Primates kann, wie Principes, dem Wortsinne nach in sehr verschiedener Beziehung gebraucht werden. In den primates omnes de illis tribus comitatibus einer S. Galler Urkunde von 891[1] haben wir lediglich an angesehene Bewohner der Grafschaft zu denken. In noch untergeordneterer Bedeutung sagt die Reichskanzlei 1158: Duces, marchiones, comites, capitanei, valvassores et omnium locorum rectores cum omnibus locorum primatibus et plebeis.[2] Häufig finden wir das Wort aber auch in Beziehung auf das Reich gebraucht. Sagt 889 der Bischof von Münster: episcopis et abbatibus, comitibus et primatibus regni[3], so schiene das auf eine niedere Klasse von Grossen des Reichs, etwa auf Edle zu deuten. Aber in den Kaiserurkunden wird der Ausdruck ganz gleichbedeutend mit Principes regni gebraucht; so 859: cuidam ex primatibus nostris, nomine Rapoto[4]; im zehnten und elften Jahrhundert heisst es häufig consensu oder interventu primatum nostrorum oder regni[5]; 962, 964 und 966 werden ausdrücklich auch Bischöfe und Herzoge, 972 der Pfalzgraf Berno und zehn Grafen als Primates bezeichnet[6]; 1129 heisst es in baierischer Urkunde: in praesentia ducis Henrici et principum und als Zeugen erscheinen drei Bischöfe, dann: primates: Welf dux, D. marchio u. s. w.; 1152 sagt der Kaiser: petente duce H. Saxonie et Bavarie aliisque primatibus et nobilibus regni[7] Das letzte mir bekannte Beispiel ist vom J. 1173, wo der Kaiser urkundet consilio curie nostre et primatum[8].
26 Auch in den wenigen Fällen, in welchen der Ausdruck Primores in den Kaiserurkunden gebraucht wird, scheint derselbe ganz den Principes regni zu entsprechen. So 908: interventu primorum nostrorum, 1051: coram primoribus regni; 1136: approbantibus multis summisque regni mei primoribus; 1171: omnibus christi fidelibus – et precipue totius regni primoribus.[9] Ganz vereinzelt nennt noch 1225 und 1231 K. Heinrich die Reichsfürsten regni primores[10].
27 Als Optimates erscheinen zuweilen nur die weltlichen Grossen, geschieden von den geistlichen. So schon 742: Ego Carlmannus – cum consilio servorum dei et optimatum meorum; 744: cum consensu episcoporum, sive sacerdotum vel servorum dei consilio, seu comitibus et obtimatibus Francorum.[11] Dann 1019 interventu episcoporum – optimatumque nostri regni B. ducis, S. comitis u. s. w.[12]; auch in Urkunden Lothars von 1129, 1132 werden zuerst die geistlichen Zeugen
aufgeführt, dann unter der Bezeichnung: de optimatibus regni die weltlichen.
- ↑ Herrgott 2, 57.
- ↑ M. G. 4, 112.
- ↑ C. d. Westf. 1, 26.
- ↑ Ried 1, 48.
- ↑ 932-1041: M. G. 4, 18. 27. Trouillat 1, 103. M. B. 31, 231. C. d. Westf. 1, 93. 105. Miraeus 1, 661. 1082: Zeerleder 1, 46. 1143: Schöpflin A. D. 1, 224.
- ↑ Dümge 88. Lacombl. 1, n. 106. 107. Herrgott 2, 85.
- ↑ Ried 1, 188. Notizenbl. 2, 5.
- ↑ Schöpflin Bad. 5, 114.
- ↑ Günther 1, 57. Lacombl. 1, n. 185. Quix 68. M. B. 22, 181.
- ↑ Huillard 2, 832. 3, 472.
- ↑ M. G. 3, 16. 20.
- ↑ C. d. Westf. 1. 78.
Julius von Ficker: Vom Reichsfürstenstande. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1861, Seite 76. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ficker_Vom_Reichsf%C3%BCrstenstande_076.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)