können, acht Tage lang von mir getrennt zu sein. Welche Schwäche, Gräfin, welche Sentimentalität!“
Beim Himmel! wenn er jemals gewünscht hatte sie zu erzürnen, jetzt ward ihm der Wunsch erfüllt! Ihre Wangen flammten, sie erhob sich, eine beleidigte Göttin, und sprach in feuersprühender Entrüstung: „Reisen Sie!“
Klemens hatte nicht aufgehört, die jungen Leute zu beobachten und von Minute zu Minute der Gräfin zu berichten: „Er hört ihr mit Entzücken zu – wie sie aber auch spielt! glockenrein, und immer im Takt, das muß man sagen, diese Thekla … Jetzt hält sie inne – spricht … und er, er brennt! er brennt! er gäbe Funken, glaube ich, wenn man ihn anrühren würde, wie eine Elektrisirmaschine …“
Der Fürst faltete seine großen weichen Hände, sah die Gräfin an wie ein Andächtiger ein Madonnenbild und fragte: „Wenn diese beiden armen Kinder jetzt vor Sie hinträten und sprächen: „Gieb uns deinen Segen! –“ was würden Sie tun?“
„Ich würde ihn unbedenklich geben,“ entgegnete Marianne.
„O Himmel! … o herrliche Frau!“ rief der Fürst und hätte sich bei einem Haar auf seine Kniee niedergelassen. Da schlug Theklas laut gesprochenes: „Reisen Sie!“ an sein Ohr, und mit Schrecken sah Klemens das Paar, mit dem er es so gut meinte, nun erscheinen – ach, in nichts weniger als glückseliger Eintracht! Da kamen sie, die Gottbegnadeten, die Schicksalsgeliebten, die für
Marie von Ebner-Eschenbach: Nach dem Tode. In: Erzählungen. Berlin: Gebrüder Paetel, 1893, Seite 362. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Erz%C3%A4hlungen_von_Marie_von_Ebner-Eschenbach.djvu/368&oldid=- (Version vom 31.7.2018)