Scharff: Kommen Sie, kommen Sie schnell! (Man geht in das Krankenzimmer.)
Scharff: Bitte, Behring – bitte, Frau Behring, lassen Sie uns einen Augenblick mit dem Kinde allein – ich werde der Schwester die nötigen Weisungen geben –
Magdalene (dringend): Darf ich denn nicht dabei sein?
Scharff (sanft): Es ist besser so –
Magdalene (angstvoll): Steht es denn so schlimm um ihn, Herr Doktor?
Scharff: Wir müssen hoffen, Frau Behring, wir müssen hoffen – aber wir dürfen keine Zeit verlieren. (Drängt sie sanft hinaus und schließt die Thür.)
(Stummes Spiel. Wolfgang macht sich ohne bestimmte Absicht an seinem Schreibtisch zu schaffen, blättert in einem Buche, stützt den Kopf und starrt in’s Leere. Magdalene geht mit verschränkten Armen, zusammengesunken, wie fröstelnd, den Kopf auf die Seite geneigt, langsam auf und ab. Endlich bleibt sie stehen.)
Magdalene: Hat er dir nicht mehr gesagt als mir? Hat er wirklich noch Hoffnung?
Wolfgang: Er hat noch Hoffnung – aber nicht viel. Wir müssen alles –
Magdalene: Nein, nein, sprich nicht weiter – ich will hoffen, (verzweifelt) ich will hoffen!
Wolfgang: Fasse dich, Magda. Wenn das Unabwendbare –
Otto Ernst: Die größte Sünde. Conrad Kloss, Hamburg 1895, Seite 77. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ernst_Die_groesste_Suende.djvu/83&oldid=- (Version vom 31.7.2018)