Scharff (belustigt): Nein, Sie haben nicht die Ehre, mit Herrn Behring zu sprechen.
Weber: Das thut mir leid. Ich heiße nämlich Weber und bin Schriftführer des hiesigen Jünglingsvereins.
Scharff: Sehr erfreut. Dr. Scharff, Kassierer vom Kegelklub.
Weber (stutzt): Erlauben Sie eine Frage: Sind Sie mit diesem Herrn Behring befreundet?
Scharff: Mit diesem Herrn Behring bin ich befreundet, ja. Kennen Sie noch einen andern?
Weber: Nein, so meint’ ich es nicht. Aber – wie kann man mit diesem Mann befreundet sein! Haben Sie ihm nicht abgeraten, jenen abscheulichen Vortrag zu halten?
Scharff (mit komischer Verstellung, wie verlegen): Nein – das habe ich eigentlich nicht –
Weber: Wie ist es möglich! Das finde ich stark! (Nachdem er sich umgesehen, mit gedämpfter Stimme) Der Mensch ist ja ’n Freigeist!
Scharff (ebenso): Ach nein, – das kann ich nicht glauben!
Weber (wie oben): Gewiß! Haben Sie denn nicht gelesen, was er gesagt hat?
Scharff (ebenso): Nein, nur gehört.
Weber (zurückprallend): Gehört?
Scharff: Ja.
Weber: Sie haben seinen Vortrag selbst gehört?
Scharff: Ja.
Weber: Nun – und –?
Scharff: Hat mir ausgezeichnet gefallen.
Weber: Wa – – – ? Hat Ihnen ausgezeichnet –
Otto Ernst: Die größte Sünde. Conrad Kloss, Hamburg 1895, Seite 58. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ernst_Die_groesste_Suende.djvu/64&oldid=- (Version vom 31.7.2018)