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Seite:Ernst Die groesste Suende.djvu/57

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Scharff: }  Adieu, Herr Stein. (Stein ab.)
Wolfgang:

Scharff: Ich komme, um verschiedenes in deiner Bibliothek nachzuschlagen, vor allem aber, um dir zu gratulieren – zu deinem Vortrag nämlich. Eine glänzende Leistung – wie man’s von dir gewohnt ist – im übrigen wieder eine von deinen hochherzigen Dummheiten.

Wolfgang: Danke. Warst du da?

Scharff: Frage! Ob ich da war! Wenn du redest!

Wolfgang: Warum hast du denn nicht auf mich gewartet und mir guten Abend gesagt?

Scharff: Ich sah auf deiner Stirn den Glanz, der Moses umleuchtete, da er herabstieg vom Sinai – und wollte deine Stimmung nicht durch meine vernichtende Kritik verscheuchen. Übrigens will ich aufrichtig sein: als du ausgeredet hattest, kam es mir vor, als wenn ich meine vernichtenden Argumente zu Hause hätte liegen lassen.

Wolfgang: Nun, so vernichte mich jetzt. Du findest mich gefaßt. Aber komm gleich mit deinem schrecklichsten Rüstzeug heraus; (nach der Uhr sehend) ich soll gleich eine Stunde geben und habe nicht viel Zeit.

Scharff: Ich habe desto mehr Zeit. Meine Patienten sind schon wieder mal alle gesund.

Wolfgang: So?

Scharff: Ja, die Leute fühlen sich unter meinem Schutz so sicher, daß sie vor lauter Gemütsruhe nicht krank werden. Seit Wochen verbreit’ ich nun schon den penetrantesten Karbolgeruch um mich – aber es kommt keiner. Du erlaubst, daß ich eine Zigarre anzünde.

Empfohlene Zitierweise:
Otto Ernst: Die größte Sünde. Conrad Kloss, Hamburg 1895, Seite 51. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ernst_Die_groesste_Suende.djvu/57&oldid=- (Version vom 31.7.2018)