(Allgemeine momentane Erstarrung. Der Pastor macht sodann eine kurze Bewegung, als ob er sich zum Gehen wende. Wöhlers hält ihn auf.)
Wöhlers (sehr gezwungen lachend): Hähä – verzeihen Sie, Herr Pastor, warten Sie bitte einen Augenblick, – es handelt sich – hähä – es handelt sich wohl um einen Scherz – (in einen entschiedenen Ton übergehend:) denn Ernst kann das ja unmöglich sein! Sie haben ghört, Herr Pastor, daß mein künftiger Schwiegersohn merkwürdige Ansichten hat, recht sehr merkwürdige Ansichten, (resigniert:) das läßt sich nun nicht mehr ändern; aber soweit kennt Herr Behring natürlich seine Pflichten gegen die Gesellschaft, gegen meine Familie und gegen sich selbst, daß er sich kirchlich trauen läßt; er wird das thun, einfach, weil man das muß! Man mag ja der Meinung sein, daß wenn man sich zur guten Gesellschaft rechnet, so läßt man sich selbstverständlich kirchlich trauen und seine Kinder taufen. Es kann sich also nur um einen Scherz handeln.
Christine: Das meine ich auch. Denn die Zumutung, lieber Wolfgang, daß wir uns für alle guten Familien dieser Stadt geradezu unmöglich machen sollten – nicht wahr – die wäre doch wohl gar zu stark.
Wolfgang: Ich weiß nicht – begreift ihr es nicht – oder wollt ihr es nicht begreifen? Seht ihr denn nicht ein, daß ich mich grenzenlos lächerlich und
Otto Ernst: Die größte Sünde. Conrad Kloss, Hamburg 1895, Seite 28. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ernst_Die_groesste_Suende.djvu/34&oldid=- (Version vom 31.7.2018)