in die Arme. Darüber vergaß die Mutter ihre Wuth: nicht über mir. Ihre Tochter schonte sie, nicht mich; wenn sie es nicht lauter, nicht deutlicher sagte, – was ich lieber selbst nicht gehört, nicht verstanden haben will.
Marinelli. Was, gnädiger Herr?
Der Prinz. Wozu die Verstellung? – Heraus damit. Ist es wahr? oder ist es nicht wahr?
Marinelli. Und wenn es denn wäre!
Der Prinz. Wenn es denn wäre? – Also ist es? – Er ist todt? todt? – (drohend) Marinelli! Marinelli!
Marinelli. Nun?
Der Prinz. Bey Gott! bey dem allgerechten Gott! Ich bin unschuldig an diesem Blute. – Wenn Sie mir vorher gesagt hätten, daß es dem Grafen das Leben kosten werde – Nein, nein! und wenn es mir selbst das Leben gekostet hätte! –
Marinelli. Wenn ich Ihnen vorher gesagt hätte? – Als ob sein Tod in meinem Plane gewesen wäre! Ich hatte es dem Angelo auf die Seele gebunden, zu verhüten, daß niemanden Leides geschähe. Es würde auch ohne die geringste
Gotthold Ephraim Lessing: Emilia Galotti. Christian Friedrich Voß, Berlin 1772, Seite 93. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Emilia_Galotti_(Lessing_1772).djvu/93&oldid=- (Version vom 31.7.2018)