Marinelli. Ich bin versichert, daß es ihm bloß an einer würdigen Gelegenheit gemangelt hat. Und wenn auch diese so eines Mannes, wie Graf Appiani, noch nicht würdig genug seyn sollte: so ist freylich meine Freundschaft zu voreilig gewesen.
Appiani. Freundschaft und Freundschaft, um das dritte Wort! – Mit wem red’ ich denn? Des Marchese Marinelli Freundschaft hätt’ ich mir nie träumen lassen. –
Marinelli. Ich erkenne mein Unrecht, Herr Graf, mein unverzeihliches Unrecht, daß ich, ohne Ihre Erlaubniß, Ihr Freund seyn wollen. – Bey dem allen: was thut das? Die Gnade des Prinzen, die Ihnen angetragene Ehre, bleiben, was sie sind: und ich zweifle nicht, Sie werden sie mit Begierd’ ergreifen.
Appiani. (nach einiger Ueberlegung) Allerdings.
Marinelli. Nun so kommen Sie.
Appiani. Wohin?
Marinelli. Nach Dosalo, zu dem Prinzen. – Es liegt schon alles fertig; und Sie müssen noch heut’ abreisen.
Appiani. Was sagen Sie? – Noch heute?
Gotthold Ephraim Lessing: Emilia Galotti. Christian Friedrich Voß, Berlin 1772, Seite 60. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Emilia_Galotti_(Lessing_1772).djvu/60&oldid=- (Version vom 31.7.2018)