Odoardo. Guten Morgen, meine Liebe! – Nicht wahr, das heißt überraschen?
Claudia. Und auf die angenehmste Art! – Wenn es anders nur eine Uebereilung seyn soll.
Odoardo. Nichts weiter! Sey unbesorgt. – Das Glück des heutigen Tages weckte mich so früh; der Morgen war so schön; der Weg ist so kurz; ich vermuthete euch hier so geschäfftig – Wie leicht vergessen Sie etwas: fiel mir ein. – Mit einem Worte: ich komme, und sehe, und kehre sogleich wieder zurück. – Wo ist Emilia? Unstreitig beschäfftigt mit dem Putze? –
Claudia. Ihrer Seele! – Sie ist in der Messe. – Ich habe heute, mehr als jeden andern Tag, Gnade von oben zu erflehen, sagte sie, und ließ alles liegen, und nahm ihren Schleyer, und eilte –
Odoardo. Ganz allein?
Claudia. Die wenigen Schritte – –
Gotthold Ephraim Lessing: Emilia Galotti. Christian Friedrich Voß, Berlin 1772, Seite 33. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Emilia_Galotti_(Lessing_1772).djvu/33&oldid=- (Version vom 31.7.2018)