Camillo Rota. Nicht wie ich will, gnädiger Herr.
Der Prinz. Was ist sonst? Etwas zu unterschreiben?
Camillo Rota. Ein Todesurtheil wäre zu unterschreiben.
Der Prinz. Recht gern. – Nur her! geschwind.
Camillo Rota. (stutzig und den Prinzen starr ansehend) Ein Todesurtheil, sagt’ ich.
Der Prinz. Ich höre ja wohl. – Es könnte schon geschehen seyn. Ich bin eilig.
Camillo Rota. (seine Schriften nachsehend) Nun hab’ ich es doch wohl nicht mitgenommen! – Verzeihen Sie, gnädiger Herr. – Es kann Anstand damit haben bis morgen.
Der Prinz. Auch das! – Packen Sie nur zusammen: ich muß fort – Morgen, Rota, ein Mehres! (geht ab)
Camillo Rota. (den Kopf schüttelnd, indem er die Papiere zu sich nimmt und abgeht) Recht gern? – Ein Todesurtheil recht gern? – Ich hätt’ es ihn in diesem Augenblicke nicht mögen unterschreiben lassen,
Gotthold Ephraim Lessing: Emilia Galotti. Christian Friedrich Voß, Berlin 1772, Seite 31. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Emilia_Galotti_(Lessing_1772).djvu/31&oldid=- (Version vom 31.7.2018)