wird sie ruhig nach der Stadt bringen, und es in tiefster Unterwerfung erwarten, welchen weitern Antheil Euer Durchlaucht an seinem unglücklichen, lieben Mädchen zu nehmen geruhen wollen.
Der Prinz. Wenn er nun aber so zahm nicht ist? Und schwerlich, schwerlich wird er es seyn. Ich kenne ihn zu gut. – Wenn er höchstens seinen Argwohn erstikt, seine Wuth verbeißt: aber Emilien, anstatt sie nach der Stadt zu führen, mit sich nimmt? bey sich behält? oder wohl gar in ein Kloster, außer meinem Gebiethe, verschließt? Wie dann?
Marinelli. Die fürchtende Liebe sieht weit. Wahrlich! – Aber er wird ja nicht –
Der Prinz. Wenn er nun aber! Wie dann? Was wird es uns dann helfen, daß der unglückliche Graf sein Leben darüber verloren?
Marinelli. Wozu dieser traurige Seitenblick? Vorwärts! denkt der Sieger: es falle neben ihm Feind oder Freund. – Und wenn auch! Wenn er es auch wollte, der alte Neidhart, was Sie von ihm fürchten, Prinz: – (überlegend) Das geht! Ich hab’ es! – Weiter als zum Wollen,
Gotthold Ephraim Lessing: Emilia Galotti. Christian Friedrich Voß, Berlin 1772, Seite 129. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Emilia_Galotti_(Lessing_1772).djvu/129&oldid=- (Version vom 31.7.2018)