Marinelli. Woran?
Orsina. Schwören Sie! – Nein, schwören Sie nicht. Sie möchten eine Sünde mehr begehen. – Oder ja; schwören Sie nur. Eine Sünde mehr oder weniger für einen, der doch verdammt ist! – Haben Sie keinen Antheil daran?
Marinelli. Sie erschrecken mich, Gräfinn.
Orsina. Gewiß? – Nun, Marinelli, argwohnet Ihr gutes Herz auch nichts?
Marinelli. Was? worüber?
Orsina. Wohl, – so will ich Ihnen etwas vertrauen; – etwas, das Ihnen jedes Haar auf dem Kopfe zu Berge sträuben soll. – Aber hier, so nahe an der Thüre, möchte uns jemand hören. Kommen Sie hierher. – Und! (indem sie den Finger auf den Mund legt) Hören Sie! ganz in geheim! ganz in geheim! (und ihren Mund seinem Ohre nähert, als ob sie ihm zuflüstern wollte, was sie aber sehr laut ihm zuschreyet.) Der Prinz ist ein Mörder!
Marinelli. Gräfinn, – Gräfinn, – sind Sie ganz von Sinnen?
Orsina. Von Sinnen? Ha! ha! ha! (aus vollem Halse lachend) Ich bin selten, oder nie, mit
Gotthold Ephraim Lessing: Emilia Galotti. Christian Friedrich Voß, Berlin 1772, Seite 113. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Emilia_Galotti_(Lessing_1772).djvu/113&oldid=- (Version vom 31.7.2018)