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Seite:Durch Indien ins verschlossene Land Nepal.pdf/197

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herum geschieht, und die schließlich selbst die Tauben in Ruhe lassen, die hier auf allen Straßen und Plätzen, wo sie gefüttert werden, herumlaufen. Bei eben erst im Fangeisen erbeuteten Leoparden werden allerlei Tierquälereien, Hunger, unaufhörlicher Lärm und andere kräftige Mittel angewendet, das auf dem Bette seines Wärters gefesselte Tier seiner Wildheit zu berauben; am wirksamsten soll die Maßregel sein, vor dem armen Gefangenen, dem ja stets die Augen bedeckt sind, eine Anzahl Weiber aufzustellen, die ihm ohne Unterlaß Tag und Nacht so lange in die Ohren schwatzen und schreien, bis er zahm ist und seinem Wächter das Futter aus der Hand frißt; er folgt ihm dann wie ein Hund sogar in das Bazargetümmel, wo sich, außer Hunden, niemand viel um die fessellos einherschreitenden Raubtiere kümmert. Die radschputischen Großen unterhalten sich vorzugsweise gern durch die Jagd, wobei, falls sie auf Antilopen gemünzt ist, diese Jagdleoparden als Treiber und Jagdhelfer dienen. Da diese Tiere fast ausschließlich mit dem Blut, der Leber und den Eingeweiden von Antilopen gefüttert werden, entwickeln sie außerordentlich scharfen Spürsinn, sobald sie in einem Tragkasten auf das Jagdfeld geschafft sind und ihnen angesichts eines in weiter Ferne äsenden Antilopenrudels die Binde von den Augen genommen ist; sie pürschen sich an die Herde von hinten heran, springen dann dem Leitbock in den Nacken und jagen so das ganze Rudel den Gewehren der Jäger in Schußweite entgegen.

Empfohlene Zitierweise:
Kurt Boeck: Durch Indien ins verschlossene Land Nepal. Ferdinand Hirt & Sohn, Leipzig 1903, Seite 145. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Durch_Indien_ins_verschlossene_Land_Nepal.pdf/197&oldid=- (Version vom 1.7.2018)