Festfreude bei glänzendem Turnier und lustigen Ringelstechen durchwehte.
Berühmt war die Einrichtung des Stallhofes selbst. Zwar was sich an Werken der Bildnerei erhielt, ist wenig geglückt. Die Statuen über dem sogenannten Jagdthore sind zwar im hohen Grade wirkungsvoll aufgebaut, zeigen aber eine Uebertreibung der Bewegungen, daß den Kriegern alle Glieder ausgerenkt erscheinen. Die merkwürdiger Weise mit Haken und Oese aufgehängten steinernen Thierköpfe in den Zwickeln und an den Schlußsteinen sind nichts weniger als naturwahr. Besser entwickelte sich die Kunst des Malers. Nur in der Gewehrgalerie ist sie noch erhalten, wo der Maler Heinrich Göding schaltete. Er stellte das Haus Wettin in zahlreichen Bildnissen dar, die wohl seiner Einbildungskraft entsprossen waren. Maler und Geschichtsschreiber logen wechselseitig zu Ehren des Fürstenhauses, dem sie dienten, eine sonderbare Weltgeschichte zusammen. Darstellungen von Turnieren sind den Bildern der Schlachten und Krönungen beigegeben. Kurfürst Christians Wirken aber ist durch die Abbildung des Stallhofes gekennzeichnet: Buchner war sichtlich stolz auf das Werk seines Herrn! So wenig ernst der geistige Inhalt der Bilder auch ist, so erfreut doch der derbe Farbensinn, die flotte Behandlung des Ornamentes, auch wenn es keine klassische Schönheit ist, die in Bild und Ornament uns entgegentritt, so wenig wie es historische Wahrheit ist, was uns hier als sächsische Fürstengeschichte vorgeführt wird. Wesentlichen Antheil nahm Buchner ohne Zweifel an diesem Schmucke, wie er auch für die Aufstellung der heranwachsenden Kunstkammer im oberen reich geschmückten Stock des Stallhofes sorgte, selbst die „Berge“ angab, die der Leipziger Holzschnitzer Valentin Silbermann ausführte, jene nachgeahmten Felsen zu beiden Seiten des Eingangs in das Historische Museum, deren Aufgabe ist, die emaillirten Gläser zu tragen, während ihr Inneres einen Reiter birgt, der auf einen Druck sein Glas darbietend vorrückt. Ich erwähne diese Sonderbarkeit deshalb, weil sie meines Wissens die einzigen nachweisbaren Reste von Buchners kunstgewerblicher Thätigkeit sind.
Das Kaufhaus auf dem Neumarkt, einen stattlichen Bau, hat die Zeit ganz hinweggeräumt. Doch kennen wir ihn ganz gut aus den Darstellungen auf Canalettos Dresdner Ansichten. Auch dies war nicht ein geistvolles Kunstwerk, sondern entsprach der handwerklichen Tüchtigkeit und nüchternen Erwägung seines Meisters. Ueber zwei Stockwerken erhoben sich die geschweiften, nach dem Vorbilde des Schlosses und Zeughauses an den Ecken sich verkröpfenden Giebel. Buchers eingehender Bericht vom Jahre 1591 belehrt uns über die Raumvertheilung in den verschiedenen Geschossen und erwähnt das Modell, das er selbst geschnitten hatte. Schnell, durch eine Geldunterstützung des Kurfürsten im Betrag von 4000 fl. gefördert, wuchs das Werk empor, ein bequemer Sitz für den städtischen Geschäftsverkehr, der vom Zauber des 16. Jahrhunderts umweht war: selbst minder bedeutende Werke werden uns zum anheimelnden Zeichen der behäbig festlichen Zeit, die wir heute in so vielfacher Beziehung als unser Vorbild ehren.
Dieser Zauber bewährte sich selbst an einem Erzeugniß der Kriegsbaukunst, die doch sonst den Musen fern liegt.
Dem Kurfürsten Christian I. und Paul Buchner hat Dresden seine „Terrasse“ zu danken. Wenn dieselbe gleich damals noch nicht zu so stattlicher Höhe sich gegen den Strom aufrichtete, wie seit König Augusts des Starken Umbau, so erkannte man doch alsbald, daß die köstliche Lage der Bastion schönheitlichen Werth verleihe, und errichtete auf ihrer Spitze ein der Aussicht über Strom und Gelände gewidmetes Haus, das erste in der Folge von Bauten, die an jenem Punkte sich viermal nach der Zerstörung des vorhergehenden ablösten. Keck baute es sich über die Mauer hinaus, einem Wachthäuschen vergleichbar. Das Dach war einem umgekehrten Schiffsrumpfe nachgebildet. Im Innern entfaltete sich die höchste Pracht. Der damals eben aus seiner Heimath eingetroffene italienische Bildhauer Juan Maria Nosseni schmückte den Saal mit Marmor-Dekorationen, wie er schon im Stallhof seine „Pavimente“ angebracht hatte. Aber auch von dieser Herrlichkeit ist nichts erhalten, als das im städtischen Museum bewahrte Köpfchen eines Marmor-Bildwerkes, das man vor einigen Jahren im Elbgrunde fand. Dorthin mag es eine Pulverexplosion in den Kasematten der Bastion geschleudert haben, die etwa hundert Jahre nach der Errichtung den zierlichen Bau unwiederbringlich zerstörte.
Besser ist es mit dem Schloßanbau gegangen. Noch steht das Portal an der Schloßstraße in seiner etwas unbeholfenen, aber gesunden Kraft, seinen stattlichen Abmessungen und derben Gliederungen da. Leider fehlen ihm aber wichtige Teile seines Schmuckes, die zierliche aus einem offenen Säulenrundtempel und Statuen bestehende Bekrönung über dem Hauptgesims. Das Obergeschoß erhielt beim jüngsten Schloßumbau nicht unwesentliche Aenderungen. Auch im kleinen Schloßhofe mit seinen Arkadenreihen und seiner malerischen Quadrirung hat sich uns ein Bild von Buchners Wollen und Können erhalten, welches immer verständig, maßvoll, doch nie wirklich bedeutend ist, hier aber zu malerisch anheimelnder, einheitlicher Gesammtstimmung sich erhebt.
Die größte künstlerische Aufgabe seines Lebens schien an Buchner heranzutreten, als der Kurfürst beschloß, die Gruft seiner Vorfahren im Chor des Domes zu Freiberg umzugestalten. Nosseni und er erhielten den
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 2 (1897 bis 1900). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1897 bis 1900, Seite 256. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Zweiter_Band.pdf/260&oldid=- (Version vom 20.8.2024)