in gar schlechter Montirung befänden; die meisten hätten weder Stiefeln noch Strümpfe, und er begreife nicht, wie die Leute in der gegenwärtigen Montur einen Feldzug bei anhaltender Kälte aushalten sollten. Es soll Verordnung ertheilt werden, daß den ganz nackend gehenden Leuten Röcke, Strümpfe und Stiefeln verabfolgt werden.
Eine Musterliste der Roßpartei vom 13. Mai 1710 giebt deren Stärke auf 279 Köpfe mit 531 Pferden an. Zum unmittelbaren Gebrauch im Zeughause waren dort 4 Baupferde ständig und 8 Pferde von der Artillerie stationirt. 1733 waren diese in so schlechtem Stande, daß der Antrag gestellt wurde, sie lieber zu verkaufen und statt dessen für die zu leistenden Fuhren Pferde von hiesigen Fuhrleuten zu miethen; dem wurde aber nicht entsprochen, sondern bestimmt, daß die schlechten Artilleriepferde gegen bessere von der Roßpartei umzutauschen, die 4 unbrauchbaren Baupferde aber zu verkaufen seien; der Verkauf erfolgte und brachte für alle 4 Pferde 20 Thaler.
III. Eine dritte Beigabe zum Kommando des Hauptzeughauses waren die Baugefangenen. Diese Bande von Verbrechern, deren wir nach einem Verzeichniß von 1720 116 Mann, 1722 95 Mann vorfinden, stand unter besonderer Aufsicht von einem Profos und 2 Steckenknechten, zu denen 1723 noch 2 Knechte kamen. Der Profos und seine Knechte erscheinen in sehr zweifelhaftem Lichte, denn im Bestands-Rapport von 1705 wird bei einem Profos Müller die Bemerkung gemacht: „ist wegen seines üblen Verhaltens dimittirt worden“ und in Klammer daneben „Müller stahl“. – Der erste Steckenknecht wurde „wegen beschuldigter Diebereien dimittirt“ und dafür ein Gefangener angestellt, der bereits nach 3 Monaten desertirte, worauf man einen neuen anwarb „aus Oedenburg in Ungarn“. Wenn in der Instruktion, deren mehrere vorhanden sind, dem Profos und seinen Knechten eingeschärft wird, sie sollen den Gefangenen keinen Branntwein schenken, sich mit ihnen nicht in Gemeinschaft einlassen und ihnen nicht zur Flucht behülflich sein, so möchte man fast annehmen, daß dergleichen Dinge öfters vorgekommen sind. Der Profos erhielt allerdings monatlich nur 4 Thaler, von 1722 an 6 Thaler Gehalt und für jeden freigelassenen Gefangenen, der durch Urtheil und Recht verurtheilt worden, 1 Thaler, für einen, der nur auf willkürliche Zeit dahin geschafft und geschlossen wurde, 14 gute Groschen, für einen Konstabler, Schneller, Maurer oder Zimmermann 2 Groschen.
Die Gefangenen wurden nach der Instruktion von 1731 in 3 Klassen getheilt: 1. infame Delinquenten, 2. solche, welche nicht gar infamer, aber boshafter Weise gesündigt und 3. solche, welche durch zufällige Verhältnisse in den Bau gekommen waren. Diesen 3 Klassen entsprechend wurden sie untergebracht, eingeschmiedet und mit Arbeit versehen.
Sie waren in den Kasematten untergebracht und zwar die 1. Klasse in den schlechtesten. Nach einer Verordnung vom 19. März 1717 sollten sie daraus entfernt und ins Königl. Provianthaus gebracht werden, dagegen machte aber Oberzeugmeister Schmidt Vorstellungen und gab an, da in diesem Gebäude viel Proviant und Getreide läge, die Gefangenen aber oft an Krankheiten litten und einen gräßlichen Gestank verbreiteten, so würde der Proviant davon leiden. Infolge einer Eingabe des Generals Grafen Wackerbarth aber, welcher verlangt, daß die Baugefangenen doch etwas besser untergebracht und beköstigt werden möchten, wurden sie durch Verordnung vom 5. Juli 1717 in die Kasematten des Fraumutterhauses an der Kreuzstraße verwiesen.
Zur Beköstigung erhielten sie seit 1687 täglich 3 Pfund Brod und 1/2 Mäßchen Salz. An hohen Festtagen, d. h. zu Weihnachten, Ostern, Pfingsten und Königs Geburtstag, Bier. Nur wenn sie krank waren, bekamen sie andere Kost, worüber ein besonders für sie angestellter Feldscheer entscheiden mußte. Es heißt: „wenn sie einer besonderen Maladie unterliegen,“ bekommen sie 3 Tage täglich 1/2 Pfund Rindfleisch, 2 Tage Zugemüse, d. h. 1/4 Mäßchen Haidegrütze oder Graupen und 2 Tage Suppe von Rindfleischbrühe, auch statt des Brodes Semmel und 2 Kannen Kofent, weniger Kranke nur 1 Tag Rindfleisch, 1 Tag Haidegrütze, 1 Tag Graupen, die übrigen Tage 3 Pfund Brod und Kofent.
Die Bekleidung scheint eine sehr dürftige gewesen zu sein, denn es sind verschiedene Anzeigen vorhanden, in denen dringend um Lieferung neuer Bekleidung gebeten wird. So bittet der Oberzeugmeister Schmidt am 28. November 1718, da er nur noch 5 Röcke, 5 Paar Strümpfe, 9 Paar Schuhe und 6 Hemden hätte, um Lieferung von 35 Röcken, 57 Paar Hosen, 59 Paar Strümpfen, 68 Paar Schuhen und 61 Hemden.
Jeden Sonntag wurden die Gefangenen zum Gottesdienst geführt, der in Betstunde und Examen bestand. Zweimal jährlich wurde kommunizirt, am Gründonnerstag und Michaelis. Durch eine Verordnung vom 3. April 1713 wurde angeordnet, daß die Katholischen nicht mehr wie bisher in die evangelische, sondern in die katholische Kirche geführt würden.
Jeder Baugefangene wurde, sobald er eingeliefert war, eingeschrieben und eingeschmiedet, erst bei der Entlassung wurde er wieder ausgeschmiedet. Die Eisen waren Bein- und Halseisen von verschiedener Schwere; große Beineisen wogen 22 Pfund, mittlere 15–16 Pfund, kleine 5–8 Pfund. Sie wurden von den Verbrechern, entsprechend den oben genannten 3 Klassen, Tag und Nacht getragen, denn sie waren vernietet und wurden
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 2 (1897 bis 1900). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1897 bis 1900, Seite 244. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Zweiter_Band.pdf/247&oldid=- (Version vom 21.7.2024)