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Seite:Dresdner Geschichtsblätter Zweiter Band.pdf/225

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Häuser eingelegt, bis die Besitzer ein genaues Verzeichniß über ihre Anzahl Hufen, Steuerlasten hierauf und Angabe des aufgeschütteten Getreides eingereicht hatten[1]. Eine allgemeine Verproviantirung auf die Dauer von vier Wochen wurde am 30. September 1709 befohlen. Man befürchtete den Einfall der Schweden unter General Crassau, welcher nach der Schlacht bei Poltawa mit seinem Korps aus Polen nach Pommern geflüchtet war[2]. Weitere Verproviantirungen wurden am 2. Juni 1711, am 14. November 1712 und im Herbste 1714 angeordnet[3]. Letztere sollte dazu dienen, den heimkehrenden sächsischen Truppen, welche mit Friedrich Wilhelm I. von Preußen 1714 Stettin und 1715 Stralsund erobert hatten, den nothwendigen Getreidevorrath in der Heimath billig zu sichern[4].

Im September 1719 sah Dresden aus Anlaß der Vermählung des Kurprinzen glänzende Feste in seinen Mauern. Da hierbei eine unbillige Steigerung der Preise zu befürchten war, wurden eigene Faktoren selbst in entlegene Gegenden gesandt, um Getreide einzukaufen. Der Rath wurde angewiesen, „alles unnütze Gesindel, insonderheit die schädlichen Juden“ von der Stadt abzuhalten; den Wirthen war es bei 10 Thalern Strafe verboten, einen Fremden ohne Wissen des Raths aufzunehmen[5]. Ebenso lockte das prunkvolle Lustlager von Zeithain im Jahre 1730 zahllose Besucher herbei. Zu diesem militärischen Feste, das durch den Besuch des Königs von Preußen einen besonderen Glanz erhielt, sowie zu dem damals abgehaltenen Landtage wurde wiederum durch Ermahnung zur Vorrathhaltung vorgesorgt. Die Getreidehändler hatten anzugeben: 1) wieviel Getreide sie auf Schiffen und Böden hätten; 2) wieviel sie von auswärts noch zu erwarten hätten; 3) wiewiel Getreide ein jeder noch bis Fastnachten herbeischaffen könne[6]. Ein Gleiches fand bei dem Landtage 1749 statt. Der Befehl zur Verproviantirung wurde vom Rathe insbesondere allen Speisewirthen, Gastwirthen, Fleischern und Bäckern bekannt gemacht[7].

Die Unruhen des siebenjährigen Krieges brachten für Sachsen wiederum großen Mangel und Theuerung. Rotten von Raubgesindel durchzogen das Land, stehlend und plündernd, was den armen Einwohnern noch geblieben war. Der Landmann konnte, weil ihm das nöthige Saatkorn fehlte, seine Felder nicht bestellen, zum Theil unterließ er es auch aus Kleinmuth. Der Kurfürst ermahnte 1756 seine Unterthanen eindringlich zur Standhaftigkeit und zu gehöriger Bestellung der Felder; sie sollten sich unter einander unterstützen und sich gegenseitig das nöthige Samengetreide borgen. Es wurde den benachbarten Städten und Dörfern erlaubt, daß Jedermann Mehl und Brod zum öffentlichen Verkauf in die Stadt bringen könne. Die Accise wurde aufgehoben, so daß das Eingebrachte ohne Vertheuerung verkauft werden konnte. Die Bäcker, die sich daraufhin beschwerten, wurden abgewiesen, da sie sich nicht verpflichten konnten, die Stadt ohne fremde Einfuhr mit dem Nöthigen zu versorgen[8]. Diese freie Mehleinfuhr war aber nur von kurzer Dauer. Sachsen befand sich in des Königs von Preußen Hand, die Kassen waren weggenommen, die Einkünfte an das preußische Feldkriegsdirektorium in Torgau abgeliefert. Am 21. Mai 1757 schreibt das königlich preußische General-Feldkriegsdirektorium an den Rath: der Mühleninspektor Böhme zu Dresden hätte angezeigt, daß ihm durch die gestattete freie Mehleinfuhr ein großer Schaden erwachse, weshalb er, wenn dies nicht abgestellt würde, die Pacht nicht zahlen könne; der Rath erhalte daher den Befehl, sofort nach Empfang dieses Schreibens zu verfügen, daß alles wieder auf den vorigen Fuß gesetzt würde. Der Rath kam diesem Befehle sofort nach. Der Mühleninspektor Böhme mußte täglich 30 Malter Mehl für das preußische Militärmagazin liefern, nur was er mehr fertig brachte, durfte er für die Bäcker der Stadt Dresden mahlen. Die Bäcker und Fuhrleute mußten sich mit preußischen Pässen versehen, um sich damit auszuweisen, daß das Mehl, das sie führten, zur Konsumtion des Hofes und der Bürgerschaft gebraucht werde[9].

Wenn auch die Vorrathhaltung und Magazinirung nur unvollkommen ihren Zweck erfüllt haben, so waren sie doch immerhin gute Mittel, die Stadt vor allzugroßem Mangel zu schützen. Ein Hauptaugenmerk mußte aber die Stadt auf den Getreidehandel selbst richten. Der beim Getreidehandel waltenden Oeffentlichkeit entsprach eine obrigkeitliche Kontrole über Maß und Gewicht, die durch verordnete Messer und Wieger ausgeübt wurde. Diese Beamten hatten die Meßgelder und die Abgaben für die Niederlage einzukassiren und nach Abzug des ihnen als Besoldung zustehenden Theiles an den Rath abzuführen[10]. Um die Mannigfaltigkeit des Getreidemaßes, wodurch der Verkehr sehr erschwert war, abzuschaffen, wurde mit einer kurfürstlichen Verordnung vom 8. Dezember 1707 für das ganze Land ein einheitliches Maß nach Dresdner Scheffel und Kanne verordnet (Scheffel, Viertel, Metzen, Kannen und Kännchen). Die Maße wurden geaicht und mit dem Stadtzeichen versehen[11]. Nach dem geaichten Dresdner Maß schafften dann die sächsischen Städte Maße an,

so ließ Leipzig noch im Jahre 1745 genau nach


  1. C. XXXII. 8.
  2. C. XXXII. 90 v.
  3. C. XXXII. 90 f.
  4. C. XXXI. 18.
  5. C. XXXII. 89 k.
  6. C. XXXII. 12.
  7. C. XXXII. 21.
  8. C. XXXII. 26.
  9. C. XXXII. 26.
  10. C. XXXI. 23.
  11. C. XXXI. 12.
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 2 (1897 bis 1900). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1897 bis 1900, Seite 222. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Zweiter_Band.pdf/225&oldid=- (Version vom 22.8.2024)