überschritten, obwohl ihre Mitbürger und Zeitgenossen mit Lobeserhebungen nicht sparsam umgingen. Als Dramatiker rühmte man namentlich den Magister Andreas Hartmann und den Hofprediger Matthias Hoe von Hoenegg, als Epiker den Hofmaler Heinrich Göding, als Panegyriker den Konsistorialsekretär Johann Seussius, als Lyriker endlich den Hofarchitekten Giovanni Maria Nosseni.
Hartmann hat drei Komödien hinterlassen. In der ersten giebt er in schlechten Versen einen kurzen trockenen Auszug aus dem bekannten Ritterroman Amadis aus Gallien[1]. In der zweiten, die, wie er selbst schreibt, 1599 zu Dresden mit einem sonderlichen applausu publice agiret und fürgestellet wurde, schildert er unter weitgehender Benutzung eines älteren, 1588 erschienenen Schauspiels, des Getreuen Eckart von Bartholomäus Ringwald, das Leben der Seelen im Jenseits[2]. Der Inhalt des Stückes ist kurz folgender: Eckart, ein armer, aber frommer Mann, der viel Schweres erduldet hat, stirbt unter weitläufigen Klagen über die Sündhaftigkeit der Welt. Ein Engel nimmt sich seiner Seele an, führt sie mit Bewilligung des heiligen Petrus in den Himmel ein, zeigt ihr Gottes Herrlichkeit und stellt ihr eine Reihe von Seligen vor, die in bombastischen Versen ihr Glück preisen. Unterdes sterben auf der Erde noch zwei andere Männer, der reiche Schlemmer Freßhans und der ebenfalls reiche aber fromme Christian. Der eine wird vom Teufel in die Hölle abgeführt, der andere nach längerem Bedenken wegen seines Reichthums doch noch in den Himmel aufgenommen. Zum Schluß gelüstet es den seligen Eckart, zur Erhöhung seines Genusses die Qualen der Verdammten zu schauen. Sein Engel geleitet ihn an die Höllenthür und läßt eine große Zahl gepeinigter Seelen erscheinen, die in schwülstigen Reden ihre Sünden und ihre ewige Strafe beklagen. Hartmanns drittes Stück ist eine Dramatisirung von Luthers Leben vom Eintritt ins Kloster bis zur Entführung auf die Wartburg[3]. Der schwierige Stoff, an dem auch später so viele Dichter scheiterten, ist nur mangelhaft bezwungen. Als Hauptquelle dienten die Predigten des Johannes Mathesius. Luther, seine Freunde und Gegner, auch Kaiser Karl und die Kurfürsten des Reiches treten in eigener Person auf. Ein Ehrenhold sucht durch langathmige Deklamationen die Zuschauer über den Gang der Handlung aufzuklären. Herr Omnes, in fünf Stimmen zerlegt, spendet dem Reformator Beifall, bringt aber auch, wie es seiner Art geziemt, allerlei Pöbeleien vor. Klaus Narr unterhält als lustige Person das Publikum mit plumpen Späßen. Das Ganze ist ein abgeschmacktes Machwerk ohne jeden dramatischen Schwung. Trotzdem fand es um seiner Tendenz willen den Beifall der Bürgerschaft und der Geistlichkeit.
Kaum höher steht Hoe’s von Hoenegg wiederholt aufgeführte Schulkomödie vom erniedrigten und wieder erhöhten Joseph[4], eine ziemlich plumpe Uebersetzung nach einem lateinischen Original des fruchtbaren, aber öden Wittenberger Kontrovers-Theologen Aegidius Hunnius.
Von Göding hat sich, wie es scheint, nur ein einziges poetisches Werk erhalten: sein umfangreiches Gedicht von Heinrich dem Löwen[5], das bis ins 19. Jahrhundert hinein vielfach nachgedruckt und als Volksbuch auf Jahrmärkten verkauft wurde. Die Abfassung fällt in das Jahr 1585. Den Anlaß bildete die damals stattfindende Vermählung der Prinzessin Dorothea, einer Tochter des Kurfürsten August von Sachsen, mit dem Herzog Heinrich Julius von Braunschweig-Lüneburg. Bei den großartigen Inventionen, die zu dieser Gelegenheit veranstaltet wurden, trat der junge Herzog in einer mittelalterlichen Verkleidung als Heinrich der Löwe auf. Dieser Umstand regte Göding zu seinem Gedichte an, durch welches er zugleich seinem Geburtslande und dessen Fürsten eine Huldigung darbringen wollte. Das Werk umfaßt 104 Strophen von je vier Zeilen und ist wie die meisten volksthümlichen Dichtungen jener Zeit in dem sogenannten Hildebrandstone abgefaßt. Es scheint nicht auf gedruckte Quellen zurückzugehen, sondern aus der mündlichen Ueberlieferung geschöpft zu sein. Das einzige bekannte Exemplar des Originaldrucks von 1585 befindet sich im Archiv zu Wolfenbüttel.
Johann Seussius ist um 1565 in Dresden geboren und 1631 in seiner Vaterstadt gestorben. Er hatte die Rechtswissenschaft studirt und besaß ein beträchtliches Vermögen, das er gern mit hilfsbedürftigen Dichtern theilte. Mit Martin Opitz, Paul Fleming, Friedrich Taubmann und andern Poeten stand er in regem Gedankenaustausch. Seine eigenen deutschen und lateinischen
Anmerkungen
- ↑ Historia von des Ritters Amadisens auß Franckreich Thaten, Dresden 1587.
- ↑ Eine Newe Außbündige, sehr schöne vnd durchauß Christliche Comoedia Vom Zustand Im Himmel vnnd in der Hellen, Magdeburg 1600.
- ↑ Erster Theil des Curriculi vitae Lutheri. Das ist: Warhafftige ond kurtze Historische Beschreibung der Geburt vnd Ankunfft, Auch Lehr, Lebens, Wandels, Berueffs, Standes vnd Ampts, Vnnd sonderlich der beharlichen vnd standhafftigen Glaubens Bekendtniß ... Martini Lutheri ... Magdeburgi 1600. – Lutherus redivivus. Das ist: Eine warhaffte Beschreibung der Geburth, Ankunfft, Lehr, Lebens, Beruffs, Ampts, auch sonderlicher stanthaffter glaubens Bekendtnis ... Martini Lutheri ... Halle 1624.
- ↑ Eine schöne Geistliche, Geistreiche Comoedie, Von dem H. Joseph, Sehr lieblich und nützlich zu lesen vnd zu halten, Hiebeuor Lateinisch beschrieben von ... Aegidio Hunnio ... Jetzo ... ins Deutsch versetzet durch Matthiasen Höe. Dresden 1602.
- ↑ P. Zimmermann, Heinrich Gödings Gedicht von Heinrich dem Löwen (Beiträge zur Geschichte der deutschen Sprache und Literatur 1887, 13, II).
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 3 (1901 bis 1904). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1901 bis 1904, Seite 261. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Dritter_Band.pdf/281&oldid=- (Version vom 17.10.2024)