sich gefressen und dann als Superintendent in Eilenburg gewirkt hatte. Da er bis zu seinem 1612 eingetretenen Tode an schmerzhafter Gallensteinkolik litt, war er meist bettlägerig und trat in der Oeffentlichkeit selten hervor. Doch war er als Leichenredner sehr geschätzt, und in der That erheben sich manche seiner Leichenpredigten, namentlich die auf seine Kollegen Leyser und Blatt, sowie die auf Kurfürst Christian II. über das damals übliche Durchschnittsmaß. Bekannt ist seine Chronik von Annaberg, die in der Königlichen Bibliothek handschriftlich aufbewahrt wird (Mscr. L. 19) und auch im Druck erschien[1].
An der Kreuzkirche wirkten in Anfange des 17. Jahrhunderts keine geistig bedeutenden Männer. Der Pfarrer und Superintendent Theophilus Glaser[2] war ein Predigerssohn aus Rennersdorf bei Großenhain. Als Pathe des berühmten Meißner Rektors Georg Fabricius besuchte er dessen Schule, dann die Universität Wittenberg, wo er mit wenig Geist und viel Behagen die Philippisten bekämpfte. Nachdem er eine Zeit lang als Pfarrer in Reinhardtsgrimma gewirkt hatte, wurde er 1591 nach dem Sturze Crells als Superintendent nach Dresden berufen. Als solcher erwarb er sich Verdienste durch die Einführung des in seiner Art vortrefflichen Gesangbuchs von 1593 und durch die große Kirchenvisitation von 1598. Sein heißester Haß galt den Kalvinisten, die er unermüdlich durch Wort und Schrift angriff und deren „greuliche Gotteslästerungen“ er noch 1603 auf dem Sterbebette mit Abscheu von sich wies. Nicht uninteressant ist sein „Türkenbüchlein“ (Dresden 1594), in dem er die Nothwendigkeit einer Bekämpfung des östlichen Erbfeinds mehr aus religiösen wie aus politischen Gründen nachzuweisen sucht.
Sein Nachfolger Paul Laurentius[3], ein Pfarrerssohn aus Oberwiera im Schönburgischen, hatte bei seinem Amtsantritt schon ein reich bewegtes Leben hinter sich. Er war Rektor in Halberstadt, Pfarrer zu Plauen im Vogtland und Superintendent in Ölsnitz gewesen und hatte überall kräftig in die kirchlichen Streitigkeiten eingegriffen. In Dresden wirkte er 13 Jahre. 1616 wurde er, da sich eins seiner Kinder ein strafwürdiges Vergehen zu Schulden kommen ließ, zur Vermeidung weiteren Aergernisses nach Meißen versetzt, wo er 1624 starb. Hoe von Hoenegg stellte ihm in der Leichenrede das Zeugniß vielseitiger Gelehrsamkeit aus und rühmte ihm nach, daß er die drei alten Hauptsprachen in seltener Vollkommenheit beherrscht habe.
Sein nächster Kollege war Balthasar Meißner[4], ein Bauernsohn aus dem Kurkreise, ein stiller friedliebender Mann, der seit 1583 volle 40 Jahre hindurch als Stadtprediger wirkte und sich stets den religiösen Ueberzeugungen der herrschenden Partei anschloß, so daß er trotz der mehrfachen Systemwechsel ungestört im Amte blieb, während nicht wenige seiner Freunde ihre Stellen aufgeben mußten. Dem Hofe suchte er sich gelegentlich durch Uebersendung von Huldigungsgedichten in empfehlende Erinnerung zu bringen.
Als Diakonen waren im Anfange des 17. Jahrhunderts an der Kreuzkirche theils neben, theils nach einander vier Geistliche thätig: seit 1587 Tobias Rudolph aus Dresden, ein Feind der Kalvinisten, der den Kanzler Crell auf seinem Todesgange geleitete, seit 1591 Johann Lucius, gleichfalls aus Dresden, ein kaiserlicher gekrönter Poet, der in schwülstigen lateinischen Gedichten Gedenktage und Festlichkeiten des kurfürstlichen Hofes zu verherrlichen pflegte, seit 1593 Heinrich Mittelstädt aus Stendal in der Mark, ein vielseitig gebildeter Mann, der zunächst die Apothekerkunst erlernt, dann in Wittenberg neben der Theologie auch Medizin studirt hatte und deshalb in Pestzeiten mehrfach nicht nur durch geistlichen Zuspruch, sondern auch durch seine ärztliche Kunst Segen stiftete, endlich seit 1596 Adam Müller, ein unbedeutender Mann, der vorher Pfarrer an der Annenkirche war und nur dadurch einigen Ruf erlangte, daß er den Kanzler Crell zum Tode vorbereitete und von seinen philippistischen Ketzereien abzubringen versuchte. Ebensowenig hervorragend waren die Geistlichen der Dreikönigskirche, der Pfarrer Johann Hestius aus Rabenau und der Diakonus Gabriel Krahl aus Weißig, sowie der Pfarrer an der Annenkirche Andreas Winkler aus Dresden.
Weniger charakteristisch als die Geistlichen waren für das geistige Leben Dresdens um jene Zeit die Schulmänner, gleichfalls sämmtlich Theologen. An der Kreuzschule wirkte als Rektor Tobias Simon († 1624), als Konrektor Caspar Füger († 1617), als Tertius Thomas Pietsch († 1612), der fast 50 Jahre in dem mühseligen Schuldienst aushielt, als Quartus und Kantor Bartholomäus Petermann († 1610), der zwar eine Lukaspassion komponirte, aber als unfleißiger Mann den Chor arg vernachlässigte und dadurch öffentliches Aergerniß erregte, als Quintus Wolfgang Jenichen († 1649), der ebenfalls nahezu 50 Jahre lang Griechisch und Latein traktirte und 85jährig im Ruhestande starb, als Sextus endlich Ambrosius Stephani († 1639), der
Anmerkungen
- ↑ In Annabergae deflagrationem epistolae et threnodiae, Dresdae 1604. – Annaebergae historia, Dresdae 1605.
- ↑ Johannes Lucius, Leichpredigt, Bey dem Begrebnis ... Theophili Glasers ... Dresden 1603. – Christian Schlegel, Lebens-Beschreibung Hn. M. Theophili Glasers ... Dresden 1698.
- ↑ Matthias Hoe von Hoenegg, Der Christlichen Lehrer Standt vnd grosser gewisser Himmels Lohn, Bey dem ... Leichbegengnüs ... Pauli Laurentii ... Außgeführt ... Dresdae 1624. – Christian Schlegel, Lebens-Beschreibung Pauli Laurentii ... Dresden 1698.
- ↑ C. A. Freyberg, Historie der Frauen-Kirche, Dresden 1728, S. 26ff.
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 3 (1901 bis 1904). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1901 bis 1904, Seite 252. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Dritter_Band.pdf/272&oldid=- (Version vom 9.10.2024)