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Seite:Dresdner Geschichtsblätter Dritter Band.pdf/211

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haben, das ich nicht ohne Sorgen und Zagen vor neun Jahren begonnen habe, ist keine Kleinigkeit. Auch der Gegenstand des Bildes ist für mich in Ansehung meiner Beziehungen zu dem Werke bedeutend ... Wir ... hören den Ruf: Halleluja, denn der allmächtige GOTT hat das Reich eingenommen. Das letzte Bild gestaltet sich mit den Darstellungen der ersten Schöpfung zu den rechten Widerlagern, auf welchen die Weltgeschichte ruhet und über denen sie wie die Wölbung eines heiligen Domes sich ausspannt ...

15) Montag. Th. Langer bringt mir eine größere Zahl von Abdrücken seiner Nibelungen-Platte, darstellend den Hochzeitszug. Es sind also drei von den vier Bildern gestochen, und zwar in völlig übereinstimmender Vortrefflichkeit ...

18) Donnerstag ... Letztere [Frau Professor Rietschel] theilt mir mit, daß ihr Mann mich gern sehen würde. Ich gehe sogleich zu ihm und bleibe eine Viertelstunde ... Sein Geist ist klar und heiter ...

19) Freitag ... Den Abend bringe ... ich im Theater zu, um die Aufführung der Preziosa (mit Dawison als Zigeunerhauptmann) zu sehen. Die Vorstellung macht mir große Freude, obwohl Fräulein Ulrich in der Titelrolle mir nicht gefällt.

20) Samstag ... Nachmittag gehe ich nach den Meinertschen Anlagen[1], die sich durch schöne und solide Bauten und zierliche Gärten immer mehr zu einem wunderschönen Stadttheil gestalten ...

21) Sonntag ... Es wird heute Götz von Berlichingen gegeben ... Das Stück macht mir viel Freude, da die Aufführung gut ist; doch ist es immer noch besser zum Lesen als zur Bühnendarstellung eingerichtet ...

23) Dienstag ... Museum. Napoleon von De la Roche ist von Schirmers geschickten Händen nun auf eine Weise wiederhergestellt, die jeden Kundigen in die größte Verwunderung setzen muß. Es ist jede Spur einer Verletzung verschwunden und nur die mündliche und schriftliche Ueberlieferung wird von dem, was dem Bilde widerfahren ist, Kunde geben können. Mir ist der wiederholte Anblick des Bildes zu einem sehr lehrreichen Studium geworden. Die Technik des Meisters ist bewunderungswürdig und unbedingt musterhaft. Man kann keine vortrefflichere und zugleich einfachere und gesündere Malerei sehen, als man in diesem Bilde erblickt ... Es wurde mir gesagt, Gaber habe die Platte „Die vier Reiter“ getrennt, um ein paar Holzschneider zu beschäftigen. Die Sache beunruhiget mich, und ich gehe zu ihm hinaus. Gaber zeigt mir die Platte, an welcher nur noch wenig fehlt, und auch dieses wenige Nebensächliche will er selbst machen. Auch an der Jerusalem ist viel geschehen, und Gaber wird dieses Blatt ebenfalls ganz allein ausführen. Keine der Platten ist in Stücke getheilt worden, wohl aber hat Zscheckel die seinige, „Christus offenbart sich dem Johannes“, in drei Stücke zerbrochen, was mir allerdings fatal ist, aber hoffentlich ohne wesentlichen Nachtheil bleibt ...

24) Mittwoch ... Museum. Mehrere der kleineren, für die Galerie aus dem Vorrath zurückbehaltenen Bilder haben neue Rahmen erhalten und nehmen sich vortrefflich aus. Der neue Caravaggio[2] macht mir große Freude; es ist ein treffliches Bild ...

26) Freitag ... In der Galerie finde ich Direktor Waagen aus Berlin. Er spricht sich mit großer Anerkennung über unsere neuen Erwerbungen aus, namentlich über das Bild von Lucas Signorelli. Der neue Caravaggio und Hero und Leander nach Rubens erscheinen ihm als eine werthvolle Bereicherung der Galerie ...

28) Sonntag ... Langbein predigt. Ich fühle mich sehr angesprochen von der Predigt. Der Entschiedenheit und Schärfe der Darlegung gegenüber steht eine Milde und Innigkeit, die dem christlichen Prediger so wohl anstehen und den Hörer wirksam berühren ... Am Nachmittag kommt Gaber und bringt mir einen Abdruck der „vier Reiter“ aus der Offenbarung Johannis. Das Blatt macht eine gute Wirkung ...

29) Montag ... Frau Clara Schumann, geb. Wieck, und Jos. Joachim geben unter Ludwigs Mitwirkung heute ein Concert ... Nur die drei oben Genannten wirken dabei; man kann aber nichts Vollendeteres hören als das, was uns geboten wird. Wunderbar herrlich ist der Vortrag der Sonate in A-dur von Beethoven. Ludwig erntet großen Beifall; er wird nach jeder Abtheilung ein paarmal gerufen.

30) Dienstag ... Nach Tisch erhalte ich einige Zeilen von Gaber mit der Bitte, zu ihm zu kommen. Ich mache mich gleich auf den Weg. Es handelt sich darum, eine Zeichnung von Wislicenus für die Schiller-Lotterie zu besichtigen und – Einiges daran zu ergänzen und nachzubessern ... Heute kommt der Prophet zur Aufführung. Ludwig giebt die Titelrolle ... Ludwig ist nicht gut bei Stimme; das Organ hat seit dem letzten Unwohlsein noch nicht genugsam geruht. Der Erfolg ist ein schwacher. Ich bemerke im ersten Akt nicht das Geringste an seiner Stimme und bin entzückt über die Schönheit des Vortrags und den Adel und die Feinheit des Spiels ...

31) Mittwoch. Reformationsfest. Da ich meinen Luther vor Kaiser Karl V. nun in Angriff nehmen und

zunächst meiner Zeichnung den architektonischen Hintergrund


  1. Aus ihnen ist das jetzige Schweizer-Viertel entstanden.
  2. „Die Wahrsagerin“, nach Wörmann zu Nr. 412, von einem Nachahmer Caravaggios.
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 3 (1901 bis 1904). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1901 bis 1904, Seite 194. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Dritter_Band.pdf/211&oldid=- (Version vom 12.9.2024)