Es wird gerathen, die Dresdner Kunst der Gegenwart auf die Ausschmückung der zu errichtenden Volkshalle auf der Brühlschen Terrasse zu verwenden ...
3) Sonntag. Die Aufführung des Lohengrin findet heute statt ... Ludwigs Erscheinung ist ganz ideal und höchst auffallend durch ihre Noblesse. Frau Dustmann-Meyer[1] ist eine vorzügliche Künstlerin. Im zweiten und besonders im dritten Akt steigert sich das Spiel und die Wirkung von Ludwigs Stimme. Im dritten Akt ist Spiel und Gesang vortrefflich, von einer Idealität und Innigkeit, daß man wirklich eine Erscheinung aus einer andern höheren Welt vor sich zu haben meint. Das ganz volle Theater spendet warmen und reichen Beifall. Dieses erste Auftreten ist durch einen vollständigen Erfolg gekrönt ...
7) Donnerstag ... Nachmittag zeichne ich den Schwan zum Panzer des Lohengrin (Ludwig) ...
8) Freitag. Akademie. Als ich nach Hause komme, wird mir mitgetheilt, daß sich im Anzeiger die Meldung von Klenze’s[2] Ankunft vorfindet. Ich mache mich gegen 10 Uhr auf den Weg, um ihn zu besuchen, und finde ihn im Hotel Bellevue. Meine Zeichnung erhalte ich aus seinen Händen und empfange umfassenden und sehr interessanten Bericht über die Münchner Verhältnisse. Unter anderm versichert mich Klenze, daß Kaulbach bei jeder Gelegenheit meiner mit Freundlichkeit und Achtung gedenke ... Gegen 1 Uhr treffen wir wieder in der Galerie zusammen ... v. Klenze besichtiget nun in meiner Begleitung die ganze Galerie, und er spricht sich nicht nur über die Gemälde und ihre Aufstellung, sondern auch über das Gebäude (nachdem wir den Zwingerhof betreten, auch über dessen Aeußeres) höchst günstig aus, wobei er natürlich die Genugthuung [hat], sich sagen zu können, daß man im Wesentlichen seine Pinakothek als Vorbild benutzt habe. In der Treppenhalle nehme ich noch Gelegenheit, Klenze auch das Kupferstich- und Handzeichnungskabinet zu zeigen. Da v. Klenze sich anschickt, mich in der Richtung nach meiner Wohnung zu begleiten, veranlasse ich ihn, nach der Terrasse sich zu wenden. Wir ersteigen die große Treppe, und Klenze weiß die prachtvolle Aussicht (der Tag ist himmlisch) ganz zu würdigen. Ein Bedienter des Herrn von Savigny, der uns meldet, daß seine Herrschaft sich in der Abtheilung der Rethel’schen Karton-Ausstellung befindet, veranlaßt, daß auch wir in dieselbe eintreten, da Klenze dem alten Savigny versprochen hatte, seine Kinder aufzusuchen. Dann besuchen wir noch das Rietschelsche Atelier, wo zwar die kolossale Luther-Statue, die geformt worden, nur in Stücken zu sehen ist, dagegen doch das Modell zu dem ganzen Denkmal in Augenschein genommen werden kann. Klenze hat einen großen Eindruck von diesem größesten der Rietschelschen Werke ... Ludwig ist leider verschnupft, was um so fataler, da für Sonntag die Aufführung der Hugenotten bestimmt worden ist ...
9) Samstag. Der Anzeiger meldet, daß Meyerbeer hier angekommen ist. Sollte er darauf rechnen, morgen die Hugenotten mit Ludwig zu hören? Dann wäre das Hinderniß (der Schnupfen) für Ludwig um so empfindlicher ... Um 11 Uhr hole ich Signora Gaggiotti-Richards[3] nebst Mutter und Söhnchen zur Galerie ab, wie ich versprochen. Nach einigem Verweilen daselbst stellt sich auch Geh. Rath v. Klenze ein, schließt sich bei der Besichtigung der Gemälde, wie es scheint, nicht ungern an uns an und begleitet bei der Rückfahrt die römische Malerin nach ihrem Atelier ... 1/2 9 Uhr begebe ich mich zu Herrn v. Savigny, der eine kleine Abendgesellschaft aus Veranlassung der Anwesenheit des Herrn v. Klenze giebt. Excellenz v. Langenn und andere mir weniger oder gar nicht bekannte, aber interessante Leute sind anwesend. Wir bleiben bis 11 Uhr unter sehr lebhaften Gesprächen bei einander. Morgen früh 6 Uhr reist Klenze direkt nach München zurück. Ich habe mit ihm ausgemacht, daß ich bis Weihnachten die Farbenskizze zu dem großen Oelbild schicke und womöglich früher Zeichnungen zu den fehlenden Fresken in den Nibelungen-Sälen sende.
12) Dienstag ... Um 12 Uhr finde ich mich in Direktor Hettners Zimmer ein im Museum der Gypse, wo das Komitee des Weber-Denkmals sich zu einer Berathung versammelt. Der Hauptgegenstand ist: Beurtheilung der Zeichnung zu dem eisernen Gitter, welches das Monument umgeben soll. Der Entwurf, der von Nicolai ist, gefällt uns nicht. Er ist nach Pariser Zuschnitt, überreich und hält den Charakter von Eisenwerk nicht fest. Die Hauptsache ist, daß wir nicht wissen, wie viel Geld wir auf die bloße Einfriedigung des Denkmals verwenden können, und daß wir die große Ausgabe, welche die Ausführung dieser weder nöthigen noch besonders schönen Vergitterung erfordern würde, uns nicht aufhalsen wollen. Wir erklären also, daß wir die Einfriedigung überhaupt beruhen lassen wollen, bis das Monument fertig ist und wir übersehen, welche Geldmittel uns noch zur Verfügung bleiben ...
13) Mittwoch ... Nach Tisch kommt ein Brief von Hübner für mich nebst einem umfangreichen und ausführlichen Schreiben an Seine Excellenz an, in
welchem mir Näheres über den Einkauf und die Verhältnisse,
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 3 (1901 bis 1904). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1901 bis 1904, Seite 185. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Dritter_Band.pdf/202&oldid=- (Version vom 11.9.2024)