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Seite:Dresdner Geschichtsblätter Dritter Band.pdf/120

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Vom Jahre 1623 an wurde die Gegend am Schützenplatze und wahrscheinlich auch die Schützengasse etwas stärker bebaut, da in demselben Jahre eine Vergrößerung des herzoglichen Gartens stattfand, wobei 29 Grundstücke angekauft wurden, deren bisherige Besitzer sich größtentheils an der Viehweide und in deren Nähe wieder ansiedelten. Die bis zur späteren Ostraallee reichenden Theile der Mittel- und Grünegasse fielen durch diese Erweiterung des herzoglichen Gartens weg[1].

Der „Schwan“, jetzt Ritzenbergstraße 2, in früherer Zeit auch „Zum letzten Heller“ genannt, bestand als Schänke schon in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts[2]. Sie wurde 1894 abgetragen und an seiner Stelle das gegenwärtige Gebäude errichtet.

An der Stelle, die jetzt der Wettiner-Platz und die Jakobikirche einnehmen, befand sich das im Jahre 1568 durch den Rath zu Dresden mit Unterstützung Kurfürst Augusts gegründete Lazareth. Es diente zunächst zur Unterbringung von Pestkranken, wurde aber auch für andere Kranke, insbesondere Irrsinnige, Blödsinnige und Sieche, sowie als Entbindungsanstalt benutzt. Es umfaßte ursprünglich fünf nur aus Erdgeschoß bestehende Einzelhäuser, von denen jedes vier bis sechs Stuben enthielt, sowie einige Schuppen für wirthschaftliche Bedürfnisse. In unmittelbarem Zusammenhange damit stand der dazu gehörige Friedhof, welcher nach der Schützengasse zu gelegen war und die Stelle des jetzigen Wettiner Gymnasiums einnahm. Die Gebäude des Lazareths lagen nach der Stiftsstraße zu, wo sich jetzt die Jakobikirche und der dieselbe umgebende Raum befindet. Im Jahre 1681 scheint eine Betstube dort eingerichtet worden zu sein, die 1702 zur Kapelle erweitert wurde. Diese Kapelle wurde 1738 durch den Kaufmann Johann Georg Ehrlich, den Gründer des Ehrlich’schen Gestifts, vergrößert und stand bis 1898. Das seit 1607 bestehende Pfarrhaus befand sich in der Grünegasse und wurde 1804 wegen Baufälligkeit beseitigt. Nach und nach entwickelte sich aus dem Lazareth das Stadtkrankenhaus, und insbesondere wurde in den Jahren 1788 bis 1793 eine Erweiterung und Verbesserung der gesammten Einrichtungen vorgenommen. Seit 1799 wird es nicht mehr als Lazareth, sondern als Stadtkrankenhaus bezeichnet und im Jahre 1850 wurde es nach dem Marcolini’schen Palais in Friedrichstadt verlegt. Die Gebäude des ehemaligen Lazareths wurden der städtischen Arbeitsanstalt überlassen, die sich bis zu ihrer im Jahre 1878 erfolgten Verlegung dort befand. Noch in demselben Jahre wurden die Gebäude, mit Ausnahme der Kapelle, abgebrochen[3].

Die Gegend am Rabenstein, nämlich der zwischen der Stiftsstraße und Stärkengasse gelegene Raum vom Stiftsplatze bis zum Wettiner-Platze, wurde erst vom Jahre 1736 an bebaut. Vorher befand sich dort nur der Rabenstein auf dem nach der Stiftsstraße zu gelegenen Theile des später mit den Trödelhallen bebauten Platzes, eine etwa mannshoch aufgemauerte runde Erhöhung, die auf der Seite nach der Stärkengasse zu mit einer Treppe versehen war. Daneben, in der Richtung nach dem Wettiner-Platze, lag ein mit Bäumen umstandener Tümpel. Es waren vermuthlich Weiden, denn der zwischen der Mittel- und Grünegasse gelegene Theil der jetzigen Stärkengasse wird bereits 1744 „unter den Weiden“ genannt und führte diese Bezeichnung bis 1865. Die Stiftsstraße war zu damaliger Zeit ein ziemlich bedeutungsloser Weg, der von der Entenpfütze nach dem Lazareth führte. Erst nach der Bebauung der Gegend um den Rabenstein und besonders vom Jahre 1827 an wurde die Stiftsstraße belebter; in diesem Jahre wurde ein Weg vom Ende der Schützengasse nach der Weißeritz angelegt und über die letztere ein hölzerner Steg hergestellt, wodurch die Friedrichstadt eine zweite Verbindung mit der Altstadt erhielt. Dieser Steg wurde später in eine Holzbrücke und zuletzt in eine steinerne Brücke verwandelt. Um 1736 entstand der Plan, auf dem Platze zwischen dem Rabenstein und dem Lazareth zwei Häuserblöcke zu errichten und einen von der Stiftsstraße nach der Mittelgasse führenden Durchgang herzustellen, wie es auch zur Ausführung gekommen ist. Dieses Gäßchen, jetzt zur Mittelgasse gehörig, durchschneidet ungefähr die Mitte des ehemaligen Tümpels. Der Plan fand anfangs Widerstand beim Rathe; dieser machte geltend, daß bei Exekutionen viel Platz gebraucht werde, da bei solchen Gelegenheiten viel Menschen sogar zu Pferde und Wagen sich versammelten[4]. Es hat sich zur Zeit nicht feststellen lassen, wie lange der Rabenstein zu Exekutionen gebraucht worden ist, denn der Galgen befand sich wenigstens seit der Mitte des 17. Jahrhunderts auf dem Sande vor Neustadt, wurde 1737 in die Nähe des Tännichts seitwärts der Blasewitzer Straße und 1740 auf einem Platz vor dem Löbtauer Schlage verlegt. Hasche schildert den Rabenstein in seiner 1781 erschienenen Beschreibung Dresdens (Bd. 1, S. 449) als kaum mehr kenntlich und über und über mit Gras und Unkraut bewachsen. Die


  1. Dresdner Geschichtsblätter Bd 2 S. 201. 204. – Die an Churf. Durchl. etc. Loc. 9845.
  2. Acta comm., die Besitzer der fünf priv. Gasthöfe. Loc. 9841. Bl. 5. 68. – Den Bierschank btr. 1667. Loc. 9841. Bl. 23b.
  3. Näheres bei Blanckmeister, zur Geschichte des alten Stadtkrankenhauses, in der Festschrift zur Feier des 50jährigen Bestehens des Stadtkrankenhauses, Dresden 1899. 1. Th. 2. Abschn. S. 3, und Richter, Verwaltungsgeschichte Bd. 1. S. 194 fg.
  4. Fasc. Die von Ihro Kgl. Maj. beliebte Bebauung der Gegend am Rabenstein etc. Loc. 14264, Bl. 3. 5. 12. 34. 44. 60.
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 3 (1901 bis 1904). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1901 bis 1904, Seite 113. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Dritter_Band.pdf/120&oldid=- (Version vom 12.10.2024)