Zum Inhalt springen

Seite:Die bunten Hefte.pdf/4

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Anonym: Die bunten Hefte (Bibliothek für Alle. Illustrierte Monatsbände für Jung und Alt. 4. Jahrgang, Band 13)

wie wir das ja bei den Sagen und Märchen aller Zeiten und Völker haben, ohne daß diese das Kindergemüt vergifteten. Das Kind weiß dabei eben ganz genau: Das ist ja nur ein Märchen! Und dann sind alle Märchen von dem Geiste sittlicher Reinheit, ja oft von einer gewissen unverfälschten kernigen Moral getragen, während die Schundliteratur sich einerseits den Mantel der Wahrheit umhängt und andererseits mit den abscheulichsten Motiven operiert.

Was können wir Frauen nun tun im Kampfe gegen diesen gefährlichen Feind, dessen Macht wir nicht unterschätzen dürfen? Viel, unendlich viel! In erster Linie gilt es, die Lektüre unserer eigenen Kinder aufs strengste zu überwachen. Man wähle ruhig aus dem großen Schatze der Weltliteratur das aus, was dem kindlichen Bedürfnis nach Buntheit, Phantastik und Größe Rechnung trägt. Erwischt man aber seinen Jungen oder gar das Töchterchen dennoch über gefährlicher Lektüre, so reiße man sie ihm nicht einfach aus der Hand, denn das Verbotene reizt bekanntlich doppelt, sondern man gehe selbst das Buch mit dem Kinde durch und weise es aus den Unsinn des Inhalts hin. Appelliere an die eigene Urteilsfähigkeit und das Ehrgefühl der Kinder, so sind sie leicht zum Guten zu beeinflussen. Dann aber sorge man für ausgiebigsten Ersatz durch gute Bücher.

Die gewissenhafte Hausfrau wird auch einmal in die Mädchenkammer schauen, ob sich dort nicht eine stattliche Sammlung der bunten Hefte vorfindet, und dann mit freundlichem Zureden dem Mädchen andere Lektüre zur Verfügung stellen. Doch beileibe nicht zu gelehrte! Schlichte, einfache Sachen, die aus dem Volksleben gegriffen und leicht verständlich sind, werden am ehesten Beifall finden. Wo Lehrlinge im Hause sind, ist es auch kein Fehler, wenn die Herrin dann und wann mal in unauffälliger, liebenswürdiger Weise gute Bücher anbietet.

So kann die Frau ihr gut Teil dazu beitragen, daß die bunten Hefte allmählich dorthin wandern, wohin sie gehören, und die Jugend wieder an guter Lektüre gesundet und erstarkt.

Empfohlene Zitierweise:
Anonym: Die bunten Hefte (Bibliothek für Alle. Illustrierte Monatsbände für Jung und Alt. 4. Jahrgang, Band 13). Verlag der Bibliothek für Alle, Dresden 1912, Seite 108. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_bunten_Hefte.pdf/4&oldid=- (Version vom 31.7.2018)