Giovanni Morelli (Pseudonym Ivan Lermolieff): Die Werke italienischer Meister in den Galerien von München, Dresden und Berlin | |
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aber Solario weit hinter Leonardo zurück. Ein kleines Madonnenbild, No. 310, der Breragalerie zu Mailand, das älteste das mir von A. Solari bekannt ist, dürfte auch auf den Einfluß des Bartolommeo Suardi, Bramantino genannt, schließen lassen.[1] Im Jahre 1490 begleitete er seinen Bruder Cristoforo nach Venedig, und daselbst mag er das schöne Bildniß eines venezianischen Senator’s (jetzt in der National-Galerie zu London) gemalt haben; etwa um 1492–93. In diesem Gemälde ist der Einfluß des Giambellini und mehr noch der des Antonello da Messina sichtbar; auch galt dasselbe im Hause Gavotti zu Genua, woselbst früher dieß Bild sich befand, als Werk des Giambellini. Um 1494 mag auch der herrlich modellirte Eccehomo bei Poldi entstanden sein. Im Jahre 1493 kehrten beide Brüder von Venedig wieder nach Mailand zurück. Ob Andreas das Altarbild für die Kirche von San Pietro Martire zu Murano (vom Jahre 1495, jetzt in der Breragalerie) in Venedig selbst oder anderswo ausgeführt, bin ich nicht im Stande anzugeben; es ist aber wahrscheinlich, daß er ein zweites Mal die Lagunenstadt besucht und das Bild daselbst gemalt habe. Das Madonnengesicht in diesem Gemälde ist durchaus Leonardisch (erinnert in der Zeichnung namentlich an die Madonnen des Boltraffio) und beweist uns, daß Solari nach seiner Rückkunft von Venedig, also in dem Jahre 1493 und 1494, von dem großen Florentiner stark beeinflußt worden sein muß. Die Herren Cr. u. Cav. sehen aber in diesem Bilde, außer dem Leonardi’schen
- ↑ Dieß für die Kunstgeschichte interessante Bild wurde aus Unverstand jüngst in dem dunkeln Vorraume, welcher zur Oggionnigalerie führt, aufgestellt. Die Madonna trägt eine alterthümliche Haube in der Art derjenige, die Bramantino seinen Frauen aufsetzte und mit welchen auch Gaudenzio Ferrari die Köpfe seiner Frauen zu schmücken pflegte. In der Sammlung des Marquis Trivulzi zu Mailand sieht man ein männliches Porträt, Basrelief von Christoph Solari, welches sehr an die gemalten Porträts seines Bruders Andreas erinnert.
Giovanni Morelli (Pseudonym Ivan Lermolieff): Die Werke italienischer Meister in den Galerien von München, Dresden und Berlin. Verlag von E. A. Seemann, Leipzig 1880, Seite 73. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Werke_italienischer_Meister_(Morelli).pdf/92&oldid=- (Version vom 31.7.2018)