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Seite:Die Werke italienischer Meister (Morelli).pdf/147

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schon gepredigt hat, das scheint mir doch über das Ziel hinaus geschossen und durch und durch unwahr. War es doch die Entwicklung der Kunst selbst, die, wie in den Niederlanden, so auch in Deutschland und Italien auf das Studium der Natur geführt hat.

Meine jungen Freunde mögen diese Expectoration mir gütigst verzeihen. Kehren wir nunmehr zu unseren Ferraresen zurück. – Die bedeutenderen Maler in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts waren also: der derbe, knorrige und eckige, oft aber auch großartige Cosimo Tura, Cosmè genannt; der ernste, zuweilen etwas mürrische Francesco Cossa, dem Tura geistesverwandt, wiewohl nie so grottesk wie dieser; der s. g. Stefano da Ferrara der Breragalerie zu Mailand[1], von dem kein anderes Werk bekannt ist; Galasso Galassi, der jüngere; Ercole Roberti, alias Grandi genannt; Francesco Bianchi, in Modena Frarè, genannt; Domenico Panetti und Lorenzo Costa.

Diese ferraresische Malergemeinde theilte sich dann in zwei Hauptbranchen, von denen die eine mit Tura und Panetti in Ferrara verblieb, die andere mit Francesco Cossa, Galasso Galassi junior, wie es scheint, und Lorenzo Costa durch die Bentivogli nach Bologna gezogen, in dieser Stadt den größten Theil ihres Lebens wirkten. Francesco Bianchi mag zwischen 1480 und 1490 in Modena sich niedergelassen haben; Francesco Cossa kam schon 1470 nach Bologna, Lorenzo Costa um 1483[2].


  1. Die Herren Cr. und Cav. geben zwar diesem Stefano auch das kleine Bild, Johannes den Täufer darstellend, im Besitze des Herrn Dondi-Orologio zu Padua; für mich indeß ist jenes Gemälde das Werk des Cosimo Tura (S. I, 529).
  2. Als den eigentlichen Gründer der alten s. g. bolognesischen Malerschule sehe ich daher den Francesco Cossa an, im Gegensatze zu den Lokalschriftstellern, welche ihren schwächlichen Marco Zoppo, einen Schüler des Squarcione, als von Lippo Dalmasio abhängig hinstellen und als Lehrer des Francia angeben. Was die Malerkunst dem Bolognesen
Empfohlene Zitierweise:
Giovanni Morelli (Pseudonym Ivan Lermolieff): Die Werke italienischer Meister in den Galerien von München, Dresden und Berlin. Verlag von E. A. Seemann, Leipzig 1880, Seite 128. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Werke_italienischer_Meister_(Morelli).pdf/147&oldid=- (Version vom 31.7.2018)