Giovanni Morelli (Pseudonym Ivan Lermolieff): Die Werke italienischer Meister in den Galerien von München, Dresden und Berlin | |
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Cr. und Cav. (III, 475) werden vor diesem Bilde theils an Michele di Ridolfo, theils an Puligo aber auch an die Brescianini von Siena erinnert. Ich meinerseits bin überzeugt, daß es das Werk des Andrea del Brescianino oder del Brescia ist[1], wie ihn Vasari nennt. Im Jahre 1525 siedelte er mit seinem Bruder Raffael von Siena nach Florenz über und studirte daselbst die Gemälde des Fra Bartolommeo, welche er auch nachzuahmen suchte. Ein Werk von ihm aus der nämlichen Epoche ist in der Uffizigalerie zu Florenz No. 1205.
Leider müssen wir auch das andere, im frühern Kataloge ebenfalls dem Fra Bartolommeo zugedachte Bild im Cabinet 20, No. 1171, umtaufen, um es, wenn auch nicht dem Fr. Granacci selbst, so doch jedenfalls seiner Schule zuzuschreiben[2]. In seinem verbesserten Kataloge weist es Herr Dr. Marggraff einem florentinischen Meister zu, „der den Einfluß des Raffael’schen Idealismus erfahren haben dürfte.“ Die Herren Cr. und Cav. dagegen sind in Zweifel, ob sie es dem Michele di Ridolfo zuschreiben sollen. (Cr. und Cav. III, 475).
Das dritte vermeintliche Werk des Fra Bartolommeo hängt in demselben Cabinet (No. 1189) und stellt die h. Jungfrau mit dem auf ihrem Schooße stehenden Jesusknaben dar.
Herr Dr. Marggraff erklärt dies unbedeutende Bild für einen s. g. pasticcio, d. h. für eine spätere Nachahmung und zwar des Raffael, und diesem Urtheile kann ich mit Freuden meine Zustimmung geben. Die Herren Cr. und Cav. wollen darin eine spätere replica des Giovanni Spagna erkennen (III, 327).
- ↑ Sein Familienname war Puccinelli; der Vater war ein Brescianer, und so glauben die Herren Cr. und Cav. in den Gemälden des Andrea auch den Einfluß des V. Civerchio zu erkennen. (III, 401.)
- ↑ Die h. Jungfrau betet knieend das auf der Erde liegende Jesuskind an; ihr gegenüber, am Boden sitzend, der h. Joseph. Hintergrund Landschaft.
Giovanni Morelli (Pseudonym Ivan Lermolieff): Die Werke italienischer Meister in den Galerien von München, Dresden und Berlin. Verlag von E. A. Seemann, Leipzig 1880, Seite 86. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Werke_italienischer_Meister_(Morelli).pdf/105&oldid=- (Version vom 31.7.2018)