wurde, hatte ich gerade meine ersten Erfolge als Privatdetektiv errungen. Diese Geschichte interessierte mich. Bald gewann ich die Überzeugung, daß nur Xaver Beyerle der Dieb sein könne. Ich behielt ihn daher ständig im Auge. Er lebte ganz bescheiden als Bücher-Kolporteur in Berlin, da kein Juwelier einen solchen Gehilfen mehr einstellen wollte, der nur aus Mangel an Beweisen außer Verfolgung gesetzt worden war. Ein Jahr nach dem Diebstahl reiste er im Sommer in ein kleines Nordseebad an der holsteinischen Küste, blieb dort drei Tage und kehrte wieder nach Berlin zurück. Dieser Ausflug nach dem Badeort wiederholte sich in jedem Jahre. Ich wollte durchaus herausbekommen, was er dort trieb. Es gelang mir aber nicht. Er war zu vorsichtig. Dann siedelte er vor etwa vier Monaten nach Wien über. Hier setzte er sehr bald eine äußerst geschickte Selbstmordkomödie in Szene, die ich aber rechtzeitig durchschaute. Er wurde für tot erklärt, und die Zeitungen beklagten ihn als das in den Tod getriebene, zu Unrecht jenes Perlendiebstahls verdächtigte Opfer menschlicher Hartherzigkeit. Mittlerweile schwamm der Tote vergnügt auf dem Ozean unter dem Namen Franz Gneifenger, nachdem er vorher noch demselben Nordseebade den üblichen Besuch abgestattet hatte. Ich blieb ihm auf den Fersen. Über Kapstadt kamen wir hierher. – Nun wissen Sie, weshalb ich bei Ihnen Aufseher geworden bin.“
Der Alte schüttelte den Kopf. „Aber die Perle, Manhard, – was hat das mit der Perle zu tun?“ meinte er unsicher.
„Darüber bin ich mir auch erst diesen Abend auf Grund nochmaliger reiflicher Erwägungen klar geworden,“ erwiderte der junge Deutsche. „Bekanntlich ist der Versuch schon geglückt, unechte Perlen, die man vorsichtig in lebende Perlmuscheln hineinpraktizierte,
W. K. Abel: Die Perle der Königin. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1922, Seite 72. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Perle_der_K%C3%B6nigin.pdf/72&oldid=- (Version vom 31.7.2018)