und Christen kannten, gegen die Israeliten in verschiedenen Zeiten geübt wurden.“
Nachdem dann der Israelite Avigdor es beklagt hatte, daß das israelitische Volk noch nie seine Dankbarkeit für so große Wohlthaten äußern konnte, lud er die Versammlung ein, bei gegenwärtiger Gelegenheit ihre Dankgefühle feierlich auszusprechen. Die ganze Versammlung zollte nicht nur dem Redner ihren Beifall, sondern legte auch in dem Sitzungsprotokolle vom 5. Februar 1807 die folgende Erklärung nieder: „Die Abgeordneten der jüdischen Synode aus dem Kaisertume Frankreich und dem Königreich Italien, welche den 30. März vor. Jahres ausgeschrieben wurde, beschließen, durchdrungen von Dank gegen die Wohlthaten, welche von seiten des christlichen Klerus im Laufe der früheren Jahrhunderte in den verschiedenen Ländern Europas den Juden zu teil wurden; ebenso voll Erkenntlichkeit für den Schutz, welchen verschiedene Päpste und andere Geistliche im Laufe der Zeiten in den mancherlei Ländern der Israeliten erwiesen, als noch Barbarei im Bunde mit Vorurteilen und Unwissenheit sie verfolgte und austrieb aus der menschlichen Gesellschaft: – daß der Ausdruck dieser Gesinnungen aufgezeichnet und in dem Protokolle dieses Tages niedergelegt werde, auf daß es zum immerwährenden und urkundlichen Zeugnisse der Dankbarkeit diene, welche die Israeliten dieser Versammlung für die Wohlthaten hegen, die ihre Vorfahren von den Geistlichen der verschiedenen Länder Europas empfangen haben. Sie beschließen des weiteren, daß eine Abschrift dieser Kundgebung Sr. Excellenz dem Minister des Kultus eingeschickt werde.“ [1]
Wir sehen, wie das Bewußtsein von der Pflicht der Dankbarkeit, wie es die beiden Tobias, Vater und Sohn, dem Erzengel Raphael gegenüber einst kundgaben (Tob. 12), im Judenvolke noch nicht geschwunden ist, aber wie überall und bei allen Völkern giebt es auch bei den Juden undankbare Menschen, welche ihren Wohlthätern mit Schmähungen und Verleumdungen die empfangenen Wohlthaten vergelten. So sollen die Juden in Rom nach der Einnahme der ewigen Stadt durch die piemontesischen Truppen im Jahre 1870 an den König Viktor Emanuel eine Adresse eingereicht haben, die mit Ausdrücken kriechender Ergebenheit an die neue Regierung neben schmählichen Ausfällen gegen die päpstliche Regierung angefüllt gewesen sei.[2] Wir wollen nicht untersuchen, ob die Echtheit des Schriftstückes über allen Zweifel erhaben ist, wer die Verfasser der Adresse gewesen sind, unter welchen Einflüssen und Eindrücken sie abgefasst wurde, aber fragen dürfen wir doch, ob denn dieser Undank der römischen Juden nicht ganz verschwinde gegenüber dem gewiß viel schmachvolleren Undank, dessen sich selbst Christen gegen den Papst schuldig gemacht haben. Oder waren es nicht Christen, die in Rom den Papst verflucht und sich mit geladenem Gewehr vor der Wohnung des heiligen Vaters Pius IX. aufgestellt haben, um ihn sofort, wenn er sich blicken ließe, zu erschießen?
Friedrich Frank: Die Kirche und die Juden. Manz, Regensburg 1893, Seite 69. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Kirche_und_Die_Juden.djvu/77&oldid=- (Version vom 31.7.2018)