Juden das aufgefangene Christenblut in Federkielen an ihre Glaubensgenossen überallhin versenden.
Also in den Büchern der Juden kommt nichts vom Blutritus vor, derselbe gehört zu den geheimen Überlieferungen der Juden. Diese geheimen Überlieferungen der Juden erinnern uns lebhaft an die geheimen Weisungen – monita secreta – der Jesuiten. Als man den Jesuiten in ihrer Ordensregel und ihren Ordensstatuten keine verderblichen Grundsätze und Lehren nachweisen konnte, erdichtete man die geheimen Weisungen, in welchen die ihnen zur Last gelegten verderblichen Grundsätze enthalten sein sollten; weil man weder in der heiligen Schrift noch im Talmud einen Anhaltspunkt für den Blutritus findet, erdichtet man eine geheime Überlieferung, welche die Tötung von Christen und den Genuß des Christenblutes den Juden gebieten soll.
Wann sollte diese Überlieferung dem jüdischen Glauben beigefügt worden sein? In der christlichen Zeit? Das ist undenkbar. Nachdem der Blutgenuß so strenge in dem göttlichen Gesetze untersagt und die Tötung eines Menschen verboten ist, sollte die Ermordung eines Menschen und der Genuß von Menschenblut im Widerspruche mit dem göttlichen Gesetze der Juden zur Pflicht gemacht worden sein, ohne daß von allen Seiten Einsprachen dagegen erhoben worden wären? Das ist unmöglich bei einem Volke, welches, wie die Juden, mit der zähesten Gewissenhaftigkeit an seinen Gesetzesvorschriften festhält und sich mit der ängstlichsten Gewissenhaftigkeit hütet, etwas von dem eigenen Blute zu genießen, wenn die Zunge geritzt wird oder das Zahnfleisch blutet.
Eine solche geheime Überlieferung, welche das Blut von Nichtjuden zur Bereitung der ungesäuerten Brote forderte, wäre nur denkbar, wenn sie schon bei der Verkündigung des Gesetzes in der Wüste, oder doch vor der Zeit der „großen Synagoge“, deren Begründer Esdras war, den Gesetzlehrern mitgeteilt worden wäre. Dann hätte aber diese Geheimlehre nur festgehalten werden können bis zum Eintritte des Christentums, denn Christus der Herr und die Apostel, insbesondere ein heiliger Paulus, der besser als viele seiner Altersgenossen die väterlichen Überlieferungen kannte und für dieselben eiferte (Gal. 1, 14.), hätten gegen einen solchen widernatürlichen, abscheulichen Gebrauch gewiß geeifert. Aber weder der göttliche Heiland, noch die Apostel, noch in späterer Zeit die hochachtbaren gelehrten Männer, die aus dem Judentume in die Kirche eintraten, haben jemals ihren früheren Glaubensgenossen den Vorwurf gemacht, daß sie an einer geheimen Überlieferung festhielten, welche sie, im ärgsten Gegensatze zum göttlichen Gesetze, zur Ermordung von Menschen und zum Genusse von Menschenblut verpflichte.
Ich schließe diese Bemerkungen über den vermeintlichen Blutritus der Juden mit einem Hinweis auf den vermeintlichen Blutritus der ersten Christen. Als die Heiden unseren christlichen Ahnen den Vorwurf machten, daß sie Kinder schlachteten, um deren Blut bei ihren Opfermahlzeiten zu genießen, da beriefen sich die Christen einfach auf die Thatsache, daß ihnen der Blutgenuß nach ihren heiligen Büchern verboten sei. Diese Berufung hielten sie für hinreichend, um die Anklage
Friedrich Frank: Die Kirche und die Juden. Manz, Regensburg 1893, Seite 66. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Kirche_und_Die_Juden.djvu/74&oldid=- (Version vom 31.7.2018)